23. Der Sohn unterscheidet sich vom Vater in der Seinsweise, nicht dem Wesen nach. Als Abbild besitzt er alles in gleicher Weise wie der Vater.
Du hörst: „Ich und der Vater sind eins.”1 Mit welchem Recht zerrst und reißt du den Sohn vom Vater los? Eines sind sie: derjenige, der (Sohn) ist, hat nämlich nichts, was nicht auch in dem sei, von dem er (ausgegangen) ist. Wenn du den Sohn sprechen hörst: „Ich und der Vater sind eins”, so passe den Sachverhalt den Personen an; laß die sprachliche Fassung ihrer S. 163 (Selbst-) bezeichnung, (und zwar) dem, der zeugt, und dem, der gezeugt wird!
Sie sollen eines sein, so, wie Dasein hat, wer zeugte und wer gezeugt wurde. Warum machst du das Wesen zunichte? Warum beseitigst du, was wirklich ist? Du hörst: „Der Vater ist in mir, und ich bin im Vater,”2 und das bezeugen vom Vater und vom Sohn auch die Werke des Sohnes. Wir fügen nicht nach unserer Erkenntnisweise einen Körper in einen anderen, und nicht gießen wir etwa Wasser dem Weine bei: sondern wir bekennen in beiden die gleiche Ähnlichkeit der Kraft und die gleiche Fülle der Gottheit. Denn alles hat der Sohn vom Vater empfangen, und er ist Gottes Gestalt und Abbild seines Wesens. Denn so trennt es ihn (den Sohn) von dem (Vater), der ist;3 (der Ausdruck nämlich:) „Abbild des Wesens” trennt nur (zur Erkenntnis) des Glaubens an das selbständige Dasein, nicht zur Behauptung irgendeiner Unterschiedenheit des Wesens. Daß aber der Vater im Sohn und der Sohn im Vater ist, das eben macht in beiden die vollkommene Fülle der Gottheit4 aus. Denn der Sohn ist nicht eine Minderung des Vaters, noch auch ist der Sohn unvollkommen im Unterschiede zum Vater. Das Bild ist nicht allein vorhanden, und Ähnlichkeit besteht nicht (nur) für sich selbst. Gott aber kann gar nichts ähnlich sein, es sei denn, daß es aus ihm stamme. Es stammt nämlich nicht von anderswoher, was in allem ähnlich ist: noch auch läßt die Ähnlichkeit es zu, beiden einen Unterschied zwischen dem einen und andern zuzuschreiben. Ähnliches darf man nicht vertauschen und auch nicht auseinanderreißen, was in Wahrheit ungetrennt ist. Denn wer gesagt hat: „Wir wollen den Menschen nach unserem Bild und Gleichnis schaffen”,5 hat damit gezeigt, daß sie gegenseitig sich ähnlich seien, dadurch, daß er sagte: „Unser Gleichnis”. Entweihe nicht, entheilige nicht, verdirb nicht! Halte fest an der S. 164 Bezeichnung des Wesens! Halte fest an dem Bekenntnis des Sohnes! Ich will nicht, daß du schmeichelst, um von dir aus den Sohn zu loben; es genügt, dich mit dem zu begnügen, was geschrieben steht.