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Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern (BKV)
18. Einwand, daß nur Jene sich ungestraft der Lüge bedienten, die unter dem Gesetze lebten.
S. b185 Germanus: Es ist nicht zu wundern, daß man sich solche Freiheiten im alten Testamente leichter herausnahm, und daß zuweilen heilige Männer in verzeihlicher Weise logen, da wir sehen, daß ihnen wegen der Anfangszeiten mehr erlaubt war. Denn wie sollte es uns wundern, daß der hl. David auf der Flucht vor Saul dem Priester Achimelech, der ihn fragte und sprach: „Warum bist du allein und Niemand bei dir?“ so antworte: „Der König gab mir ein Befehlswort und sprach: Niemand wisse die Angelegenheit, wegen derer du gesandt bist; denn auch die Diener habe ich da und dorthin weggeschickt.“ Und wieder: „Hast du etwa hier einen Speer oder ein Schwert zur Hand? — denn ich habe mein Schwert und meine Waffen nicht mitgenommen, weil der Befehl des Königs drängte.“ 1 Ferner: Als er zu Achis, dem Könige von Geth geführt war, 2 stellte er sich wahnsinnig und wüthend, veränderte seine Mienen vor ihnen, fiel zusammen unter ihren Händen, stieß sich an die Thürpfosten und es floß sein Speichel auf den Bart herab. (Wie soll uns Dieß wundern), da sie ja auch Schaaren von Weibern und Kebsweibern erlaubter Weise genoßen, und ihnen deßhalb keine Sünde angerechnet wurde; da sie überdieß häufig das Blut ihrer Feinde mit eigener Hand vergoßen, und Dieß nicht nur nicht für tadelnswerth, sondern sogar für löblich gehalten wurde. Das sehen wir jetzt, da Das Evangelium leuchtet, in allweg so verboten, daß nichts Derartiges ohne ungeheures Verbrechen und Sakrileg geschehen könnte. So glauben wir auch, daß es keine Anerkennung, ja nicht einmal Duldung ver- S. b186 diene, wenn Einer irgend eine Lüge wagt, sei sie auch noch so sehr mit frommer Färbung verdeckt; da ja der Herr sagt: „Eure Rede sei: Ja. Ja! Nein. Nein! Was aber darüber ist, Das ist vom Übel“ — womit der Apostel übereinstimmt, wenn er sagt: Belüget einander nicht.“ 3