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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 101

Vierter Artikel. De Gottesverchrung oder Religion ist kein Anlaß, die Pflichten der Hingebung gegen die Eltern außer acht zu lassen.

a) Dies scheint aber der Fall zu sein. Denn: I. Luk. 14. heißt es: „Wer zu mir kommt und nicht seinen Vater und seine Mutter… haßt, kann nicht mein Schüler sein.“ Jakobus und Johannes werden (Matth. 4.) gelobt, „weil sie ihre Netze und den Vater verließen und Christo folgten.“ Und Deut. 33. heißt es: „Wer seinem Vater sagt: Ich kenne dich nicht; und seiner Mutter: Ich kenne dich nicht; und seinen Brüdern: Ich will von euch nichts wissen, der beobachtet meine Worte.“ Offenbar also müssen da die Pflichten gegen die Eltern beiseite gelassen werden vor der Gottesverehrung. II. Ebenso sagt der Herr (Matth. 8. und Luk. 9.) zu einem, der zuerst seinen Vater begraben wollte: „Lasse die toten ihre toten begraben; du aber gehe und künde an das Reich Gottes.“ Also selbst das Begraben der Eltern muß weichen vor dem Kulte Gottes. III. Gott ist in hervorragendster Weise „unser Vater“. Also muß zuerst die „Religion“ kommen als die Richtschnur der Ehrfurcht vor Gott; und vor ihr muß zurückstehen alle Pflicht gegenüber den irdischen Eltern. IV. Die Ordensleute sind durch Gelübde an ihre Regeln gebunden. Durch diese aber werden sie gehindert, ihren Eltern beizustehen: sowohl auf Grund der Armut, die sie gelobt, als auch wegen des Gehorsams dem Oberen gegenüber, ohne dessen Willen sie nichts thun dürfen. Auf der anderen Seite tadelt (Matth. 15.) der Herr die Pharisäer, daß sie unter dem Vorwande der Religion die Kinder hinderten, ihren Eltern beizustehen.

b) Ich antworte, von vornherein stehe keine Tugend der anderen gegenüber; denn „das Gute ist nicht dem Guten entgegengesetzt.“ (In praedicam. de oppos.) Also kann die Gottesverehrung in nichts die Pietät oder Hingebung hindern und umgekehrt. Nur muß die Thätigkeit einer jeden Tugend innerhalb der gebührenden Grenzen sich halten. Der Pietät also kommt es zu, unter den gebührenden Umständen den Eltern zu dienen und sie zu ehren. Dies gehört aber nicht zum gebührenden Maße darin, daß man die Eltern mehr ehrt wie Gott; sondern nach Ambrosius (in Luc. c. 12 Erunt quinque) „steht der Blutsverwandtschaft und ihren Bedürfnissen die Pietät der göttlichen Religion voran.“ Zieht uns somit der Dienst der Eltern ab von der Verehrung Gottes; so wäre es schon nicht mehr Sache der Pietät, dem Dienste der Eltern sich zu widmen gegen Gott. Deshalb sagt Hieronymus (ep. ad Heliodor.): „Schreite hinweg über den Vater, schreite hinweg über die Mutter, mit trockenen Augen fliege hinaus zur Fahne des Kreuzes; die höchste Hingebung ist es, hierin grausam zu sein.“ In solchem Falle also sind die Pflichten der Hingebung gegenüber den Eltern außer acht zu lassen vor dem Gewichte der Ehre Gottes. Werden wir aber durch die den Eltern zu erweisenden Dienste nicht vom Dienste Gottes abgezogen, so gehört dies selbst zur Pietät, daß wir wegen der Pietät gegen die Eltern die Pflichten gegen Gott nicht beiseite lassen.

c) I. Gregor bemerkt dazu (hom. 37. in Evgl.): „Die Eltern, die wir als unsere Gegner auf dem Wege Gottes kennen, sollen wir hassen, sie fliehen und nicht kennen.“ Denn wenn die Eltern uns zum Sündigen reizen und uns von der Verehrung Gottes abziehen, müssen wir sie insoweit eben hassen und fliehen. Und danach haßten die Leviten ihre blutsverwandten, weil sie nach dem Gebote Gottes der Götzendiener nicht schonten. (Exod. 38,) Jakobus und Johannes aber werden gelobt, weil sie ihren Vater verließen, nicht als ob dieser sie zum Bösen gereizt hätte, sondern weil sie voll heiligen Glaubens meinten, ihr Vater könnte in anderer Weise seinen Lebensunterhalt gewinnen, auch wenn sie Christo folgten. II. „Dadurch,“ schreibt Chrysostomus (hom. 28. in Matth.), „hat der Herr diesen Jüngling von vielen Übeln befreit: nämlich von der Trauer und dem Wehklagen; und nach dem Begräbnisse mußte man das Testament lesen, und die Erbschaft teilen u. dgl.; zudem waren andere da, welche diesesBegräbnis besorgen konnten.“ Oder wie Cyrillus meint (sup. Luc. c. 9.): „Jener Jünger bat nicht, daß er den Vater, der bereits gestorben gewesen wäre, begraben könnte; sondern er wollte ihn, der da ein Greis war, unterhalten, bis er ihn begraben hätte. Das bewilligte der Herr nicht, denn andere Verwandte konnten diese Sorge übernehmen.“ III. Daß wir aus Hingebung den Eltern dienen, das thun wir ebensogut wie andere Werke der Barmherzigkeit Gott zuliebe, nach Matth. 25.: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder gethan habt, das habt ihr mir gethan.“ Wenn also unser Dienst den Eltern notwendig ist, so daß sie ohne selben nicht ihren Lebensunterhalt hätten, und wenn sie uns nicht von Gott abziehen, so müssen wir sie nicht auf Grund der Verehrung Gottes verlassen. Können sie aber ohne unseren Beistand leben und können wir ohne Sünde ihnen nicht dienen, so dürfen wir die Sorge für sie beiseite lassen, um Gott mehr zu dienen. IV. Wer Eltern hat, die ohne ihn ihren Lebensunterhalt nicht haben können, darf sie nicht verlassen, um in einen Orden zu treten. Sagen einige, dies sei erlaubt, er könne die Sorge für die Eltern Gott überlassen, so heißt das Gott versuchen; denn obgleich auf menschliche Weise Rat geschafft werden kann, will man die Eltern der Gefahr aussetzen in der Hoffnung auf den göttlichen Beistand. Können aber die Eltern ohne ihn gut leben, so darf er sie verlassen, um in einen Orden zu treten; denn nur auf Grund des Notfalles sind die Kinder verpflichtet, die Eltern zu unterhalten. Wer aber bereits im Ordensstande feierliche Profeß abgelegt hat, wird als für die Welt tot erachtet. Er darf also nicht, wenn die Notwendigkeit eintritt, seine Eltern zu unterhalten, deshalb das Kloster verlassen, wo er mit Christo begraben ist, und sich von neuem mit weltlichen Dingen beschäftigen. Er ist jedoch, soweit es sich mit dem Gehorsam und dem Stande der Vollkommenheit verträgt, verpflichtet, sich zu bemühen, damit den Eltern geholfen werde.

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