4.
So bist du also jetzt selbst gerichtet und dem Gerichte verfallen durch deine Sünden und fürchtest dich nicht und schreckst nicht davor zurück, über andere das Urteil zu fällen, nicht einen beliebigen Menschen hast du verachtet und beleidigt, sondern Gott; seine Ehre und seine Macht hast du dir widerrechtlich angemaßt und hältst über ihn Gericht, ohne dich des Wortes des heiligen Evangeliums zu erinnern, in dem es heißt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet S. 138 werdet; denn nach dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet auch ihr gerichtet werden1.“ Sache des Heiligen ist es zu richten, und dem Makellosen steht es zu, zurechtzuweisen; dies soll aber persönlich geschehen und bittweise; nicht auf offener Straße soll man jemand seine Sünden vorhalten, noch soll man ihn in seiner Abwesenheit heimlich bei anderen verleumden. Das sind furchtbare Sünden und Gesetzwidrigkeiten. Denn wenn jemand selber lahm ist und andere wegen ihrer Lähmung beleidigt, beleidigt der nicht in der Tat schon im voraus mehr als jene sich selbst! Wenn er selber aber auch zehntausend Fehler besäße, ist er zufrieden, wenn es nur verborgen ist; wenn dagegen sein Mitbruder sich auch nur im geringsten verfehlt, dann regt er sich, geht umher, bringt es allen zu Ohren und wird zum harten Folterknecht und bitterbösen Späher für die Sünden seines Mitbruders. In seinem Auge steckt ein Balken, aber er verbirgt ihn; dagegen sucht er den Splitter in dem Aug des Bruders. Ihn nennt Christus nicht allein Sünder, sondern auch Heuchler und ruft: „(Du) Heuchler, entferne zuerst den Balken aus deinem Auge, dann gehe hin, den Splitter aus deines Bruders Auge zu ziehen2.