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1. Nachdem nun, wie ich meine, deutlich gezeigt ist, in welchem Sinn es aufzufassen ist, wenn die Griechen von dem Herrn Diebe genannt worden sind,1 will ich gern die Lehren der Philosophen verlassen.
2. Denn wenn wir auch den Wortlaut dieser Lehren mustern wollten, so würden wir nicht damit fertig werden und müßten eine ganze Menge von wissenschaftlichen Werken verfassen, um zu zeigen, daß die ganze Weisheit bei den Griechen aus der barbarischen Philosophie stammt.
3. Trotzdem werden wir diese Frage gezwungenermaßen wieder aufnehmen, wenn wir die bei den Griechen umlaufenden Lehren über die Urgründe2 zusammenstellen.
4. Indessen liegt es uns auf Grund des Gesagten auch nahe, darüber nachzudenken, auf welche Weise man die griechischen Schriften lesen muß, wenn man imstande ist, dieses wogende Meer ungefährdet S. b232 zu durchschwimmen.3
5. In der Tat hat, wie es scheint, Empedokles recht, wenn er sagt: "Glücklich ist, wer sich den Reichtum von göttlicher Weisheit erworben, Elend, wen noch umfängt ein finsterer Wahn von den Göttern."4 Damit hat er in wahrhaft göttlicher Weise Kenntnis und Unkenntnis als die Grenzsteine von Glück und Unglück bezeichnet.
6. "Denn gar vieler Dinge kundig müssen weisheitliebende Männer sein",5 wie Herakleitos sagt, und in der Tat ist es notwendig, Daß, wer wacker zu sein sich bemüht, in die Irre oft gehe".6