2. Von den unwürdigen Bischöfen und Priestern.
Das aber müssen wir dem Worte noch beifügen, daß nicht Jeder, welcher prophezeit, ein Frommer, und nicht Jeder, welcher Teufel austreibt, ein Heiliger ist. Denn auch Balaam,1 der Sohn des Beor, ein Wahrsager, weissagte, obgleich gottlos, deßgleichen Kaiphas,2 fälschlich Hoherpriester genannt; auch der Teufel hat Vieles vorhergesagt und seine Geister; und doch war in ihnen kein Fünklein Frömmigkeit, sondern voll Unwissenheit waren sie wegen selbst gewollter Gottlosigkeit. Die Gottlosen also, wenn sie auch prophezeihen, bedecken durch die Prophezie ihre Gottlosigkeit nicht, und Diejenigen, welche Dämonen austreiben, werden durch das Weichen derselben nicht Heilige; denn sie täuschen sich gegenseitig und gleichen Solchen, welche nur des Gelächters wegen Spiele aufführen; und die sich mit ihnen einlassen, die verderben sie. Wie ein gottloser König nicht mehr König, sondern Tyrann, so ist ein unwissender oder sittenloser Bischof nicht mehr Bischof, sondern er trägt fälschlich diesen Namen; nicht von Gott, sondern von Menschen ist er befördert, wie Ananias3 und Samaias in Jerusalem und die falschen Propheten Sedekias und Achias zu Babylon. Aber auch der falsche Prophet Balaam,4 welcher das Volk Israel dem Wollustgötzen Beelphegor geweiht hatte, entging der verdienten Strafe nicht; und Kaiphas nahm sich zuletzt selbst das Leben, und die Söhne des Skevas,5 welche böse Geister auszutreiben versuchten, wurden von ihnen verwundet, so S. 262 daß sie entflohen; und die Könige Israels und Judas, welche gottlos lebten, wurden auf verschiedene Weise gezüchtigt. Es steht demnach fest, daß Bischöfe und Priester, welche fälschlich diese Namen tragen, der Rache Gottes nicht entgehen werden. Auch ihnen gilt noch das Wort: „Euch, ihr Priester, die ihr meinen Namen schändet, werde ich tödten wie den Sedekias und Achias, die der König von Babylon braten ließ am Feuer,”6 wie auch der Prophet Jeremias sagt.7 Dieß sagen wir nicht in der Absicht, um die wahren Weissagungen herabzusetzen; denn diese geschehen, wie wir wissen, durch Gottes Geist in den Heiligen, sondern um die Vermesscnheit der falschen Propheten zu brandmarken; und wir fügen Dieß hinzu, daß Gott von ihnen die Gnade nimmt; denn den Hoffärtigen widersteht Gott, den Demuthigen aber gibt er Gnade.8 Auch Silas und Agabus, Propheten unserer Zeit9 haben sich den Aposteln nicht gleich geachtet und ihre Schranken nicht überschritten, obgleich sie Lieblinge Gottes waren. Selbst auch Frauen haben geweissagt: so Maria,10 die Schwester des Moses und Aaron, dann Debora,11 Holda12 und Judith,13 jene unter Osias, diese unter Darius. Auch Maria,14 die Mutter des Herrn, weissagte; ebenso ihre Base Elisabeth und Anna und zu unserer Zeit die Töchter des Philippus.15Aber alle diese erhoben sich nicht über die Männer, sondern hielten bescheidenes Maaß. Wer also immer unter euch, Mann oder Weib, Gnaden- oder Wundergaben besitzt, der sei demüthigen Sinnes, damit Gottes Wohlgefallen auf ihm ruhe. Denn der Herr sagt: „Auf wen seh' ich, als auf den Demüthigen und Stillen, welcher meine Worte fürchtet?”16 S. 263