1. Kap. Der Zweck der Schrift.
S. 16 Ich habe mich entschlossen, in einer Schrift zu berichten über die Nachfolgen der heiligen Apostel, über die von unserem Erlöser an bis auf uns verflossenen Zeiten, über die zahlreichen, großen Ereignisse der KG, über alle trefflichen kirchlichen Führer und Vorsteher in den angesehensten Gemeinden, über alle jene, welche immer wieder mündlich oder schriftlich Dienst am göttlichen Worte taten, über die Person, die Zahl und die Zeit derer, welche sich aus Neuerungssucht zu den schlimmsten Irrtümern hinreißen ließen, um sich dann als Führer zu einer Weisheit, welche keine Weisheit ist, auszugeben, wütenden Wölfen gleich, die sich schonungslos auf die Herde Christi stürzen, ferner über das Schicksal, welches das jüdische Volk unmittelbar nach seinem Frevel an unserem Heiland getroffen hatte, weiterhin über die Zeiten der zahlreichen schweren Angriffe, denen das göttliche Wort von seiten der Heiden ausgesetzt war, über die Helden, die immer wieder unter Blut und Martern für die Lehre kämpften, endlich über die Glaubenszeugnisse in unseren Tagen und über das stets gnädige, liebevolle Erbarmen unseres Erlösers. Ich werde dabei nicht anders denn mit dem ersten Wirken unseres Erlösers und Herrn Jesus, des Gesalbten Gottes, beginnen.
Die Schrift erbittet für mich wohlwollende Nachsicht, da es selbstverständlich unsere Kräfte nicht erlauben, S. 17 eine vollkommene und fehlerfreie Arbeit zu versprechen. Wir sind nämlich die ersten, welche sich jetzt mit dieser Schrift gewissermaßen auf einen noch öden und unbegangenen Weg wagen. Auf die Führung Gottes und die mitwirkende Kraft des Herrn sind wir angewiesen. Keineswegs wäre es uns möglich, die geringsten Spuren von Menschen zu finden, welche denselben Weg wie wir gegangen wären, abgesehen einzig und allein von unbedeutenden Bemerkungen, in welchen der eine auf diese, der andere auf jene Weise Bruchstücke von Berichten über selbsterlebte Zeiten uns hinterlassen hat. Ihre Stimmen gleichen fernen Fackeln; aus der Vorzeit rufen sie wie von ferner Warte uns zu und geben uns Weisung, wie wir zu gehen haben, daß der Gang der Erzählung sicher und gefahrlos werde. Was uns aus ihren lückenhaften Berichten für den vorliegenden Zweck brauchbar schien, haben wir gesammelt und die wertvollen Mitteilungen dieser alten Schriftsteller wie Blumen auf geistigen Auen gepflückt, um zu versuchen, in historischer Darstellung ein Ganzes zu bieten. Sollten wir auch nicht die Nachfolger aller Apostel unseres Erlösers überliefern können, so sind wir schon zufrieden, die Nachfolger der berühmtesten Apostel in den noch heute angesehenen Kirchen erwähnen zu können. Mich dieser Arbeit zu unterziehen, erachte ich für dringend notwendig, da ich bisher noch keinen kirchlichen Schriftsteller kennengelernt habe, der auf diesem Gebiete seinen schriftstellerischen Eifer betätigt hätte. Auch hoffe ich, daß die Arbeit Historikern sehr nützlich sein wird. Bereits früher habe ich in meiner „Chronik“1 einen Auszug der KG gegeben; nunmehr aber habe ich mich entschlossen, eine ausführliche Geschichte zu schreiben. S. 18 Wie gesagt, will ich in meiner Schrift mit dem als übermenschlich erkannten Wirken Christi und seinem göttlichen Wesen beginnen. Wer die Geschichte der kirchlichen Lehre schriftlich darlegen will, muß wohl schon mit dem ersten göttlichen, der Masse unfaßbaren Wirken Christi anfangen, da wir ja gewürdigt worden sind, uns nach ihm zu benennen.
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Χρονικοὶ κανόνες, wahrscheinlich vor Beginn der Verfolgung (303) verfaßt, waren großenteils chronologische Tabellen. Diese Chronik ist nur noch in Übersetzungen einer bald nach dem Tode des Eusebius entstandenen Bearbeitung vorhanden. ↩