13. Kap. Das von Antoninus in unserer Sache an die Vertretung Asiens gerichtete Schreiben.
„Selbstherrscher Cäsar Markus Aurelius Antoninus Pius Armenius, oberster Priester, zum 15. Male Volkstribun, zum dritten Male Konsul, entbietet der Vertretung Asiens seinen Gruß. Ich weiß, daß auch den Göttern S. 171 daran gelegen ist, daß solche Leute1 nicht verborgen bleiben. Denn den Göttern kommt es weit mehr als euch zu, diejenigen zu bestrafen, welche sie nicht anbeten wollen. Diejenigen, welche ihr belästigt, befestigt ihr in der Auffassung, die sie von uns haben und die sich in dem Vorwurf der Gottlosigkeit kundgibt. Offenbar dürfte es ihnen, wenn sie angeklagt werden, erwünscht sein, zu zeigen, daß sie um ihres eigenen Gottes willen lieber sterben als leben. Daher gehen sie auch als Sieger hervor, da sie eher ihr Leben hingeben, als daß sie auf eure Forderungen eingehen. Bezüglich der Erdbeben, die sich ereignet haben und noch ereignen, ist es am Platze, euch zu mahnen, daß ihr stets in eurer Mutlosigkeit das Verhalten der Christen mit eurem eigenen Verhalten vergleichet. Die Christen setzen (alsdann) ihr Vertrauen erst recht auf Gott; während ihr offenbar die ganze Zeit hindurch den Kopf verlieret und euch weder um die übrigen Götter noch um den Dienst des Unsterblichen kümmert, wegen dessen Verehrung ihr die Christen tödlich bedrängt und verfolgt. Bezüglich der Christen hatten sich bereits viele Statthalter brieflich an unseren ehrwürdigsten Vater gewandt, der ihnen in einem Reskript befahl, sie sollten die Christen nicht belästigen, es sei denn, daß sie offenkundig etwas gegen die römische Regierung unternähmen. Auch ich habe über die Christen von vielen Seiten Berichte erhalten, auf welche ich ganz im Sinne meines Vaters geantwortet habe. Sollte aber jemand einen Christen als solchen vor Gericht führen, dann soll der Angeklagte, auch wenn er wirklich Christ ist, freigesprochen, der Kläger aber verhaftet werden. Vorgelegt zu Ephesus vor der Vertretung Asiens.“2 Hier- S. 172 für ist Zeuge Melito, Bischof von Sardes, der damals lebte. Sein Zeugnis ergibt sich aus einer an den Kaiser Verus3 zugunsten unserer Lehre gerichteten Apologie.4
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= die Christen. ↩
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Dieses Schreiben des Kaisers Antoninus, das in der vorliegenden Form offenbar als christliche Erfindung anzusehen ist, ist auch in Cod. Paris. 450 vom Jahre 1364, und zwar nach den Apologien Justins überliefert. E. Schwartz (z. St.) hält das Edikt für die Übersetzung einer latemischen Fälschung, v. Harnack, „Edikt des Antoninus Pius, in TU 13, 4 (Leipzig 1895) versucht, in demselben christliche Interpolationen von echtem Bestände zu sondern. S. 37 übersetzt Harnack den von ihm zurechtgelegten Text also: „… Ich weiß, daß auch die Götter (selbst) dafür sorgen, daß solche Leute nicht verborgen bleiben; denn sie dürften wohl viel mehr als ihr die strafen, welche ihnen die Verehrung verweigern. Diese beunruhigt ihr schwer und bestärkt sie in der (gottfeindlichen) Gesinnung, welche sie haben, indem ihr sie als Atheisten anklagt. Es wäre ihnen aber (nur) erwünscht, sich, wenn sie angeklagt werden, den Anschein zu geben, lieber für ihren Privatgott zu sterben als zu leben. Betreff der Erdbeben aber, die sich ereignet haben und noch ereignen, ist es angemessen, euch, die ihr verzagt werdet, sooft sie eintreten, erinnernd vorzuhalten, daß ihr während der ganzen Zeit, in der ihr wie wahnsinnig seid, die anderen Götter und auch den Dienst des ewigen Jupiter vernachlässigt, jene (die Christen) aber hetzt und verfolgt. Betreff dieser Leute haben bereits auch viele Provinzialstatthalter an unseren göttlichen Vater geschrieben, und er antwortete ihnen, sie sollten sie in keiner Weise belästigen, sobald offenbar sei, daß sie nichts gegen die römische Herrschaft unternehmen. Auch mir haben viele über sie Bericht erstattet, denen ich ganz im Sinne meines Vaters geantwortet habe. Sollten aber etwelche fortfahren, einen jener Leute als solchen (nämlich als Atheisten) vor Gericht zu bringen, so soll der Angeklagte von der Anklage freigesprochen werden, auch wenn er offenbar ein solcher ist, der Ankläger aber soll bestraft werden.“ ↩
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= Mark Aurel. ↩
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Ein Auszug aus dieser Apologie mit dem Hinweis auf das Reskript ist unten Kap. 26 gegeben. ↩