XL. KAPITEL. Vom Maße des Getränkes.
S. 291„Jeder hat eine besondere Gabe von Gott, der eine so, der andere so“1 . Deshalb bestimmen wir mit einer gewissen Ängstlichkeit das Maß der Nahrung für andere. Indem wir nun die Bedürfnisse der Schwachen in Rechnung ziehen, glauben wir, daß für jeden täglich eine Hemina2 Wein ausreicht. Wem aber Gott die Kraft verleiht, sich des Weines ganz zu enthalten, der wisse, daß er besonderen Lohn empfangen wird.
Sollten Ortsverhältnisse, Arbeit oder Sommerhitze mehr erheischen, so sei es dem freien Ermessen des Oberen überlassen, doch muß er immer darauf achten, daß sich nie volle Sättigung oder gar Trunkenheit einstellt. Wir lesen3 zwar, Wein zu trinken passe für Mönche überhaupt nicht; allein, da man in unserer Zeit die Mönche nicht zu dieser Überzeugung bringen kann, wollen wir uns wenigstens damit zufrieden geben, daß wir nie bis zur Sättigung trinken, sondern etwas weniger. Denn „der Wein verleitet sogar die Weisen zum Abfall“4 . Wenn aber die örtliche Lage es mit sich bringt, daß das oben angegebene Maß nicht beschafft werden kann, sondern nur ein viel geringeres oder ganz und gar nichts, dann soll, wer da wohnt, Gott preisen und nicht murren. Das schärfen wir vor allem ein, daß keiner murre.