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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Confessiones Bekenntnisse
Fünftes Buch

7. Er sagt sich von der Sekte der Manichäer innerlich los.

Denn nachdem es mir hinlänglich klar geworden war, daß jener in den Wissenschaften, in denen ich ihm hervorragende Kenntnisse zugetraut hatte, völlig versagte, begann ich auch zu zweifeln, daß er mir das, was mich drückte, erklären und beantworten könnte; freilich hätte er auch ohne die Kenntnis dieser Dinge wahre Frömmigkeit besitzen können, nur durfte er dann kein Manichäer sein. Denn ihre Bücher sind voll von langausgesponnenen Fabeleien über Himmel, Gestirne, Sonne und Mond. Zwar hatte Ich schon längst die Hoffnung aufgegeben, daß er mir, wie ich es bestimmt wünschte, genau klar machen werde, daß es sich mit jenen ziffernmäßigen Berechnungen, die ich anderswo gelesen hatte, vielmehr so verhalte, wie es in den Büchern der Manichäer geschrieben stand, oder sich wenigstens aus diesen eine gleich gewichtige Begründung ergebe. Als ich ihm aber gleichwohl diese Probleme zur Erwägung und Erörterung unterbreitete, zeigte er sich bescheiden und wagte es nicht, sich einer solch schweren Aufgabe zu unterziehen. Denn er wußte, daß er nichts von diesen Dingen verstand, schämte sich aber nicht, das einzugestehen. Er gehörte nicht zu den vielen, deren Geschwätz ich über mich hatte ergehen lassen müssen, da sie mich belehren wollten und doch nichts sagten. Sein Herz war zwar „nicht aufgerichtet zu dir“1, baute aber auch nicht allzu vermessen auf S. 92 sich. In gewissem Grade war er sich doch seiner Unwissenheit bewußt und wollte sich nicht durch uferlose Disputationen in die Enge treiben lassen, wo er weder Ausgang noch Rückweg gefunden hätte. Und darum gefiel er mir nur noch mehr; denn die Bescheidenheit einer aufrichtigen Seele galt mir mehr als das, was ich zu wissen wünschte. Ein gleiches Verhalten zeigte er in allen schwierigeren und verwickelteren Fragen.

Mein Eifer, den ich auf die Schriften der Manichäer verwandt hatte, war also gebrochen, und an ihren anderen Lehrern verzweifelte ich noch mehr, da jener Vielgerühmte in den Fragen, die mich bedrückten, mich so gänzlich im Stiche gelassen hatte. Dafür begann ich bei seinem glühenden Eifer für jene Wissenschaften, die ich selbst damals als Redner in Karthago den jungen Leuten lehrte, ein gemeinsames Leben mit ihm zu führen und mit ihm Bücher zu lesen, die er entweder nur vom Hörensagen kannte oder deren Lektüre ich für einen Mann von solcher Urteilsschärfe für angemessen erachtete. Übrigens gab ich nach der Bekanntschaft mit diesem Manne jeden Versuch, in jener Sekte weitere Fortschritte zu machen, völlig auf; zwar trennte ich mich nicht völlig von ihr, sondern beschloß, da ich ja doch nichts Besseres fände, einstweilen mich mit der Lehre, der ich anheimgefallen war, zu begnügen, bis sich vielleicht dereinst etwas Höheres zur Auswahl darböte. So hatte also jener Faustus, der für viele eine „Schlinge des Todes“2, geworden war, die, in die ich verstrickt war, ohne sein Wollen und Wissen zu lockern begonnen. Denn deine Hände, mein Gott, verließen nicht in deiner unergründlichen Vorsehung meine Seele, und Tag und Nacht brachte meine Mutter blutenden Herzens für mich ein Tränenopfer dar, und auf „wunderbare Weise“3 hast du mich geführt. Du hast mich geführt. Denn „der Herr leitet des Menschen Schritte, und an seinem Wege hat er Lust“4. Oder welche Hand schafft Heil außer deiner, die neu schafft, was du erschaffen hast? S. 93


  1. Ps. 77,37. ↩

  2. Ps. 17,6 und Spr. 21,6. ↩

  3. Joel 2,26. ↩

  4. Ps. 36,23. ↩

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