IV. 7.
„Wie“, sagt er, „werden wir nicht mit dem Pharisäer“1 verdammt werden, wenn wir nur zweimal2 in der Woche fasten?“ Wird etwa der Pharisäer deshalb verdammt, weil er nur zweimal in der Woche fastete, und nicht vielmehr deshalb, weil er sich im Stolze über den Zöllner erhob? Ebensogut kann er auch behaupten, diejenigen, die den Zehnten von allen ihren Früchten den Armen geben, würden mit dem Pharisäer verdammt; denn auch dessen rühmte er sich unter seinen Werken. Geschähe dies doch nur von recht vielen Christen; wir finden aber leider nur sehr wenige! Oder soll etwa auch mit dem Pharisäer verdammt werden, S. 113 wer kein Ungerechter, kein Ehebrecher, kein Räuber ist, weil er sich rühmte, dies nicht zu sein? Gewiß ist nicht bei Sinnen, wer dies meint. Wenn man also ohne Zweifel das Gute, das der Pharisäer an sich zu finden glaubte, nicht mit jener stolzen Anmaßung, die an ihm sich zeigte, besitzen darf, wohl aber mit demütiger Frömmigkeit, die ihm mangelte, so ist es auch bei einem Menschen, wie jener Pharisäer, fruchtlos, zweimal in der Woche zu fasten, bei einem demütig Gläubigen oder gläubig Demütigen aber ist es eine Ausübung der Religion. Indessen sagt die Heilige Schrift nicht, der Pharisäer sei verdammt worden, sondern sie sagt nur, der Zöllner sei mehr gerechtfertigt worden.