I. 1.
Obwohl ich die Weisheit, die du mir zuschreibst, an mir nicht entdecken kann, so sage ich dir doch pflichtschuldigst für ein so großes und aufrichtiges Wohlwollen gegen mich meinen Dank und freue mich» daß meine Studien und Bemühungen den Beifall eines S. 589 so vortrefflichen Mannes gefunden haben. Noch viel mehr aber freut es mich zu erkennen, wie deine Seele aus Liebe zur Ewigkeit, Wahrheit und Liebe selbst nach jenem göttlichen und himmlischen Reiche verlangt, dessen Herrscher Christus ist und in dem allein man immer selig leben darf, wenn man hier gerecht und fromm lebt; n weit höherem Grade gar freut es mich zu sehen, wie sie ihm sich nähert, und ich umarme sie, die von Eifer erglüht ist, es zu erlangen. Denn daraus entsteht die wahre Freundschaft, die nicht nach zeitlichen Vorteilen zu bemessen ist, sondern auf uneigennütziger Liebe beruht. Denn niemand kann in Wahrheit der Freund eines Menschen sein, wenn er nicht schon zuvor ein Freund der Wahrheit selbst ist; und wenn er dies nicht ohne Eigennutz ist, so kann er es überhaupt auf keine Weise werden.