3.
Wieder und wieder erwäget, was die Wahrheit noch beifügt und sagt: „Ich bin“, spricht er, „der Weinstock. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun“. Damit niemand meine, die Rebe könne wenigstens eine kleine Frucht von sich selbst bringen, sagt er nach den Worten: „Der bringt viele Frucht“, nicht: Denn ihr könnt ohne mich nur wenig tun, sondern: „Ihr könnt nichts tun“. Weder wenig also noch viel kann ohne den geschehen, ohne welchen nichts geschehen kann. Denn wenn die Rebe auch wenig trägt, so reinigt sie der Weingärtner, damit sie mehr trage: jedoch wenn sie S. 911 nicht im Weinstock bleibt und von der Wurzel lebt, kann sie von sich selbst nicht die geringste Frucht bringen. Obwohl aber Christus nicht der Weinstock wäre, wenn er nicht Mensch wäre, so würde er doch den Reben diese Gnade nicht verleihen, wenn er nicht auch Gott wäre. Allein weil man so ohne diese Gnade nicht leben kann, daß auch der Tod in der Macht des freien Willens ist1, sagt er: „Was in mir nicht bleibt, wird weggeworfen werden wie eine Rebe, und sie wird verdorren, und man wird sie sammeln und ins Feuer werfen, und sie verbrennt“. Das Holz des Weinstocks ist also um so verächtlicher, wenn es nicht im Weinstocke bleibt, je herrlicher es ist, wenn es dort bleibt; kurz, wie der Herr davon auch durch den Propheten Ezechiel sagt, abgeschnitten nützt es den Landleuten zu keinem Gebrauche mehr, wird es zu keinem Zimmermannswerke gebraucht2. Eines von beiden kommt der Rebe zu, entweder der Weinstock oder das Feuer; wenn sie nicht im Weinstock ist, wird sie im Feuer sein; damit sie also nicht im Feuer sei, möge sie im Weinstock sein.