9.
„Damals erinnerten sich seine Jünger, daß geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus verzehrt mich“1, weil der Herr im Eifer für das Haus des Herrn jene aus dem Tempel trieb. Wer wird vom Eifer für das Haus des Herrn verzehrt? Wer alles, was er da vielleicht Verkehrtes sieht, zu verbessern sich bemüht, zu beseitigen wünscht, nicht Ruhe gibt; wenn er es nicht verbessern kann, duldet, seufzt. Das Korn wird von der Tenne nicht weggeschafft, es duldet die Spreu, damit es in den Speicher eingehe, wenn die Spreu abgesondert ist. Laß dich nicht, wenn du Korn bist, vor dem Speicher von der Tenne wegschaffen, damit du nicht vorher von den Vögeln aufgelesen wirst, bevor du in den Speicher gesammelt wirst. Denn die Vögel des Himmels, die Mächte der Luft2 warten darauf, etwas von der Tenne zu rauben, und sie rauben nur das, was dort herausgeworfen wird. Also der Eifer für das Haus Gottes verzehre dich, einen jeden Christen verzehre der Eifer für das Haus Gottes, in dem er ein Glied ist. Denn wertvoller ist nicht dein Haus als das Haus, wo du das S. 177 ewige Heil hast. In dein Haus gehst du wegen der zeitlichen Ruhe, in das Haus Gottes gehst du wegen der ewigen Ruhe. Wenn du also bemüht bist, daß in deinem Hause nichts Verkehrtes geschehe, darfst du es dann, soviel es auf dich ankommt, im Hause Gottes, wo das Heil und eine Ruhe ohne Ende vor Augen gestellt wird, dulden, wenn du dort vielleicht etwas Verkehrtes siehst? Z. B. du siehst einen Bruder ins Theater gehen: warne, mahne, werde traurig, wenn der Eifer für das Haus Gottes dich verzehrt. Du siehst, wie andere laufen und sich betrinken wollen und wie sie das sogar an heiligen Orten wollen, was sich nirgends schickt. Verhindere, die du kannst, halte fest, die du kannst, schrecke ab, die du kannst, schmeichle, denen du kannst; laß jedoch nicht ab. Ist es ein Freund? Er soll sanft gemahnt werden. Ist es die Frau? Sie soll strengstens zurückgewiesen werden. Ist es die Magd? Sie soll sogar mit Schlägen in Schranken gehalten werden. Tu, was immer du kannst, nach der Stellung, die du einnimmst, und du vollbringst: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich“. Bist du aber kalt, lässig, nur auf dich schauend und sozusagen dir selbst genug, und sagst du in deinem Herzen: Was soll ich mich um fremde Sünden kümmern? Ich habe an meiner eigenen Seele genug, möchte ich nur die Gott unversehrt bewahren; ei, kommt dir nicht jener Knecht in den Sinn, der sein Talent verbarg und nicht auf Zinsen leihen wollte? Denn wurde er etwa angeklagt, daß er es verschwendet und nicht vielmehr, daß er es ohne Gewinn verwahrt hat3? Höret also so, meine Brüder, daß ihr nicht ablasset. Ich will euch einen Rat geben; möge ihn der geben, der im Innern ist, weil er ihn gibt, auch wenn er ihn durch mich gibt. Ihr wißt, was ihr zu tun habt, ein jeder in seinem Hause, mit seinem Freunde, mit seinem Hausgenossen, mit seinem Klienten, mit einem Höheren, mit einem Geringeren; wie Gott den Zutritt gewährt, wie er die Türe durch sein Wort öffnet, so sollt ihr nicht ablassen, (die Menschen) für Christus zu gewinnen, weil auch ihr von Christus gewonnen worden seid.