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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
9. Die Lehre der Heiligen Schrift über die Erschaffung der Engel.
Nunmehr also, da ich über den Ursprung der heiligen Band 16, S. 597Stadt zu handeln mir vorgenommen habe und zunächst von den heiligen Engeln sprechen zu sollen glaube, die einen großen Teil dieser Stadt ausmachen und einen um so glückseligeren, als sie niemals in der Fremde gepilgert, so werde ich die göttlichen Zeugnisse über sie, soweit es der Zusammenhang erfordert, mit Gottes Beistand zu erklären suchen. Im Schöpfungsbericht der Heiligen Schrift ist nicht ausdrücklich gesagt, ob und wo in der Reihenfolge die Engel erschaffen worden sind; aber wenn sie nicht überhaupt unerwähnt geblieben sind, so sind sie zu verstehen unter dem Worte „Himmel“ in der Stelle: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, oder besser unter jenem Lichte, wovon ich eben sprach. Daß sie nicht unerwähnt geblieben sind, schließe ich daraus, daß es heißt, von allen seinen Werken, die er erschaffen, habe Gott geruht am siebenten Tage, während andrerseits der Schöpfungsbericht beginnt mit den Worten: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, so daß wir doch wohl annehmen müssen, er habe vor Himmel und Erde nichts erschaffen. Da also mit Himmel und Erde der Anfang gemacht wurde und die Erde, wie die Heilige Schrift weiter erzählt, zunächst nach ihrer Erschaffung unsichtbar und ungeordnet war und vor Erschaffung des Lichtes natürlich „Finsternis schwebte über dem Abgrund“, d. i. über einer Art unausgeschiedener Vermengung von Erde und Wasser (wo kein Licht ist, muß Finsternis herrschen) und danach alles durch Schöpfungsakte geordnet wurde, was nach dem Bericht in einer Folge von sechs Tagen zum Abschluß kam, wie sollten da die Engel unerwähnt geblieben sein, als gehörten sie nicht zu den Werken Gottes, von denen er am siebenten Tage ruhte? Immerhin jedoch ist an dieser Stelle, wenn auch nicht unerwähnt geblieben, so doch auch nicht klar ausgesprochen, daß die Engel Gottes Werk seien; aber anderwärts bezeugt dies die Heilige Schrift mit ganz klaren Worten. So werden in dem Lobgesang der drei Männer1 im Feuerofen, wo es zunächst heißt: „Lobet den Herrn, alle Werke des Herrn“, in der darauffolgenden Aufzählung Band 16, S. 598dieser Werke auch die Engel genannt; und im Psalme2 liest man: „Lobet den Herrn vom Himmel her, lobet ihn in den Höhen; lobet ihn, all seine Engel, lobet ihn, all seine Heere; lobet ihn, Sonne und Mond, lobet ihn, alle leuchtenden Sterne; lobet ihn, Himmel der Himmel, und die Wasser, die über dem Himmel sind, sie sollen loben den Namen des Herrn; denn er hat gesprochen, und sie sind geworden; er hat befohlen, und sie sind geschaffen worden“. Auch an dieser Stelle ist ganz unzweideutig durch göttliches Zeugnis ausgesprochen, daß die Engel von Gott erschaffen wurden, indem sie unter den übrigen himmlischen Wesen aufgeführt werden und dann zusammenfassend von allen gesagt ist: „Er hat gesprochen, und sie sind geworden“. Sollten sie nun erst nach all dem, was im Sechstagewerk aufgezählt wird, geschaffen sein? Das wäre doch eine recht sonderbare Annahme. Sie wird übrigens widerlegt und als unhaltbar erwiesen durch eine Schriftstelle von gleichem Gewicht, worin Gott sagt3: „Als die Gestirne erschaffen wurden, lobten mich mit mächtiger Stimme alle meine Engel“. Also waren die Engel schon da, als die Gestirne erschaffen wurden. Diese aber wurden am vierten Tage erschaffen. Werden wir demnach die Erschaffung der Engel auf den dritten Tag verlegen? Aber es ist ja offenkundig, was an diesem Tage erschaffen worden ist. Das feste Land wurde bekanntlich von den Wassern geschieden, diese beiden Elemente nahmen die ihrer Gattung zukommende Eigenart an und die Erde brachte hervor all das, was mit der Wurzel in ihr haftet. Also am zweiten Tag? Auch da nicht. Denn da wurde die Feste erschaffen zwischen den oberen und den unteren Wassern und Himmel genannt, die Feste, an der die Gestirne am vierten Tag erschaffen wurden. Kein Zweifel also, wenn die Engel überhaupt zum Sechstagewerk gehören, so sind sie jenes Licht, das den Namen Tag erhalten hat und das, um seine Einheit anzudeuten4, nicht als der erste Tag, sondern als ein Tag Band 16, S. 599bezeichnet ist. Und auch der zweite Tag ist kein anderer, noch der dritte oder die übrigen; vielmehr ist eben jener eine Tag wiederholt bis zur Sechs- oder Siebenzahl wegen der siebenmaligen5 Erkenntnis; eine sechsmalige der Werke, die Gott erschaffen hat, und eine siebente, die die Ruhe Gottes zum Gegenstand hat. Indem nämlich Gott sprach: „Es werde Licht“ und das Licht entstand, sind die Engel, wofern man mit Recht bei diesem Licht an ihre Erschaffung denkt, in der Tat des ewigen Lichtes teilhaftig geworden, das nichts anderes ist als die unwandelbare Weisheit Gottes, durch die alles erschaffen worden ist und die wir den eingeborenen Sohn Gottes nennen; sie sind also, erleuchtet durch dasselbe Licht, durch das sie erschaffen worden, Licht geworden und werden als Tag bezeichnet auf Grund der Teilnahme am unwandelbaren Licht und Tag, d. i. am Worte Gottes, durch das sie selbst und alle übrigen Wesen erschaffen sind. Denn „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt“6, es erleuchtet auch jeden reinen Engel, so daß er Licht ist, nicht in sich selbst, sondern in Gott. Wendet er sich ab von ihm, so wird er unrein, wie alle die sind, die man unreine Geister nennt, nicht mehr Licht im Herrn, sondern Finsternis in sich selbst, losgelöst von der Teilnahme am ewigen Licht. Denn das Böse hat keine Wesenheit, vielmehr ist das, was man als böse bezeichnet, Verlust des Guten7.
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Dan. 3, 57 ff. ↩
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Ps. 148, l ff. ↩
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Job 38, 7. ↩
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Die Einheit des Lichtes oder des „Tages“ im Sechstagewerk ist darin begründet, daß die sechs Tage entstehen durch die Erkenntnis des Geschaffenen seitens ein und desselben Subjektes, nämlich der Engelwelt. ↩
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Zur Textüberlieferung vgl. Dombart [oben Band 1, S. LXI A. 1], 49 f. ↩
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Joh. 1, 9. ↩
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Vgl. unten XII 3. ↩
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The City of God
Chapter 9.--What the Scriptures Teach Us to Believe Concerning the Creation of the Angels.
At present, since I have undertaken to treat of the origin of the holy city, and first of the holy angels, who constitute a large part of this city, and indeed the more blessed part, since they have never been expatriated, I will give myself to the task of explaining, by God's help, and as far as seems suitable, the Scriptures which relate to this point. Where Scripture speaks of the world's creation, it is not plainly said whether or when the angels were created; but if mention of them is made, it is implicitly under the name of "heaven," when it is said, "In the beginning God created the heavens and the earth," or perhaps rather under the name of "light," of which presently. But that they were wholly omitted, I am unable to believe, because it is written that God on the seventh day rested from all His works which He made; and this very book itself begins, "In the beginning God created the heavens and the earth," so that before heaven and earth God seems to have made nothing. Since, therefore, He began with the heavens and the earth,--and the earth itself, as Scripture adds, was at first invisible and formless, light not being as yet made, and darkness covering the face of the deep (that is to say, covering an undefined chaos of earth and sea, for where light is not, darkness must needs be),--and then when all things, which are recorded to have been completed in six days, were created and arranged, how should the angels be omitted, as if they were not among the works of God, from which on the seventh day He rested? Yet, though the fact that the angels are the work of God is not omitted here, it is indeed not explicitly mentioned; but elsewhere Holy Scripture asserts it in the clearest manner. For in the Hymn of the Three Children in the Furnace it was said, "O all ye works of the Lord bless ye the Lord;" 1 and among these works mentioned afterwards in detail, the angels are named. And in the psalm it is said, "Praise ye the Lord from the heavens, praise Him in the heights. Praise ye Him, all His angels; praise ye Him, all His hosts. Praise ye Him, sun and moon; praise him, all ye stars of light. Praise Him, ye heaven of heavens; and ye waters that be above the heavens. Let them praise the name of the Lord; for He commanded, and they were created." 2 Here the angels are most expressly and by divine authority said to have been made by God, for of them among the other heavenly things it is said, "He commanded, and they were created." Who, then, will be bold enough to suggest that the angels were made after the six days' creation? If any one is so foolish, his folly is disposed of by a scripture of like authority, where God says, "When the stars were made, the angels praised me with a loud voice." 3 The angels therefore existed before the stars; and the stars were made the fourth day. Shall we then say that they were made the third day? Far from it; for we know what was made that day. The earth was separated from the water, and each element took its own distinct form, and the earth produced all that grows on it. On the second day, then? Not even on this; for on it the firmament was made between the waters above and beneath, and was called "Heaven," in which firmament the stars were made on the fourth day. There is no question, then, that if the angels are included in the works of God during these six days, they are that light which was called "Day," and whose unity Scripture signalizes by calling that day not the "first day," but "one day." 4 For the second day, the third, and the rest are not other days; but the same "one" day is repeated to complete the number six or seven, so that there should be knowledge both of God's works and of His rest. For when God said, "Let there be light, and there was light," if we are justified in understanding in this light the creation of the angels, then certainly they were created partakers of the eternal light which is the unchangeable Wisdom of God, by which all things were made, and whom we call the only-begotten Son of God; so that they, being illumined by the Light that created them, might themselves become light and be called "Day," in participation of that unchangeable Light and Day which is the Word of God, by whom both themselves and all else were made. "The true Light, which lighteth every man that cometh into the world," 5 --this Light lighteth also every pure angel, that he may be light not in himself, but in God; from whom if an angel turn away, he becomes impure, as are all those who are called unclean spirits, and are no longer light in the Lord, but darkness in themselves, being deprived of the participation of Light eternal. For evil has no positive nature; but the loss of good has received the name "evil." 6
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Ver. 35. ↩
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Ps. cxlviii. 1-5. ↩
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Job xxxviii. 7. ↩
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Vives here notes that the Greek theologians and Jerome held, with Plato, that spiritual creatures were made first, and used by God in the creation of things material. The Latin theologians and Basil held that God made all things at once. ↩
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John i. 9. ↩
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Mali enim nulla natura est: sed amissio boni, mali nomen accepit. ↩