1. Kapitel. Die Spur der Dreieinigkeit im äußeren Menschen nach ihrer Tatsächlichkeit.
S. 94 1. Niemandem ist es zweifelhaft, daß, wie der innere Mensch mit der Einsicht, so der äußere mit dem Leibessinn begabt ist. Versuchen wir also, wenn wir können, auch in diesem äußeren Menschen irgendeine Spur der Dreieinigkeit aufzufinden, nicht als ob auch der äußere Mensch in derselben Weise Abbild Gottes wäre. Bekannt ist ja der Ausspruch des Apostels, in dem erklärt wird, daß der innere Mensch erneuert wird zur Erkenntnis Gottes nach dem Bilde dessen, der ihn schuf.1 An einer anderen Stelle sagt er ähnlich: „Auch wenn der äußere Mensch zugrunde geht, wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“2 In dem also, der zugrunde geht, wollen wir, so gut wir können, ein gewisses Abbild der Dreieinigkeit suchen, wenn auch nicht ein ausgeprägteres, so doch vielleicht ein dem Verständnis leichter zugängliches. Nicht grundlos wird nämlich auch dieses Äußere Mensch genannt, aus keinem anderen Grunde nämlich als deshalb, weil es einige Ähnlichkeit mit dem inneren Menschen besitzt. Infolge der Ordnung unseres jetzigen Zustandes, durch die wir sterblich und fleischlich wurden, beschäftigen wir uns leichter und gleichsam vertrauter mit dem Sichtbaren als S. 95 mit dem geistig Einsichtigen, da jenes außen ist, dieses innen, da wir jenes mit dem Leibessinn spüren, dieses mit dem Geiste einsehen, und obgleich wir nicht sinnliche Seelen, das heißt nicht Körper sind, sondern der Einsicht fähig, wurde dennoch, wie ich sagte, die Gewöhnung an die Körper so stark, daß sich unsere Aufmerksamkeit, seltsamerweise immer wieder ihnen verfallend, nach außen wandte, daß sie, wenn sie sich einmal von dem unsicheren Reich der Körper wegwendet, um sich in viel sicherer und beständigerer Erkenntnis an den Geist zu heften, wieder zum Leiblichen zurückflieht und dort Ruhe sucht, wo sie sich Ohnmacht zuzog. Dieser Krankheit muß man sich anpassen. Wenn wir also das Innere und Geistige in seiner Eigentümlichkeit verständlicher zu machen und leichter nahe zu bringen suchen, dann müssen wir vom Leiblichen und Äußeren her die Mittel der Veranschaulichung nehmen. Mit dem Leibessinn also begabt, nimmt der äußere Mensch Körperliches wahr, und dieser Sinn ist, was sich leicht beobachten läßt, fünffach geteilt: in Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Berühren. Es würde aber zu weit führen und ist auch nicht notwendig, alle diese fünf Sinne in unserer Frage zu verhören. Was uns nämlich einer von ihnen meldet, das gilt auch von den übrigen. Deshalb bedienen wir uns vorzüglich des Zeugnisses der Augen. Dieser Leibessinn überragt nämlich die übrigen am meisten und steht dem geistigen Schauen am nächsten, wenngleich er freilich von ihm artverschieden ist.