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Œuvres Salvien de Marseille (405-451) Von der Weltregierung Gottes (BKV)
VI. Buch

15. Das schlimmste Beispiel hat das viermal zerstörte Trier gegeben

Aber das alles war vielleicht, es ist nicht mehr so und hat irgendeinmal aufgehört. Allerdings: wenn heute überhaupt noch eine Stadt oder eine Provinz, von himmlischen Plagen heimgesucht oder durch feindliche Plünderung verwüstet und gedemütigt, sich bekehrt und bessert, und nicht fast alle Völker römischen Stammes eher zugrundegehen als sich bekehren und eher selbst aufhören zu leben als in ihren Lastern zu leben! Das kann ich in Kürze beweisen. Durch drei unmittelbar auf- S. 205 einanderfolgende Zerstörungen ist die Hauptstadt der Gallier ausgetilgt worden; und obwohl die ganze Stadt verbrannt war, wuchsen die Leiden noch nach den Zerstörungen. Denn die, welche die Feinde bei der Einnahme nicht getötet hatten, wurden nachher vom Unglück erreicht; denn alles, was bei der Zerstörung dem Tode entronnen war, überlebte nachher das Unheil nicht. Die einen starben in lang dauernden Todesqualen an tieferen Wunden, die anderen, bereits angesengt durch das Feuer des Feindes, peinigte nach dem Brand die Qual. Die einen starben vor Hunger, die anderen infolge ihrer Blöße; die einen siechten dahin, die anderen erfroren, und so fielen alle miteinander durch verschiedene Todesarten einem gemeinsamen Tod anheim. Und was weiter? Durch das Verderben einer Stadt wurden auch andere getroffen. Überall, was ich selbst gesehen und ausgehalten habe, lagen nackte und zerfleischte Leichen beiderlei Geschlechts, die den Anblick der Stadt schändeten, von Vögeln und Hunden zerrissen; Verderben für die Lebenden war der üble Geruch der Toten. Der Tod hauchte neuen Tod aus. Und so mußten auch die, die bei der Zerstörung in der genannten Stadt nicht dabei gewesen waren, die Leiden fremden Untergangs mit ertragen. Und was nach diesem, so frage ich, was nach diesem allem? Wer kann die Größe dieses Wahnsinns ermessen? Wenige Adelige, die das Verderben überlebt hatten, forderten von den Kaisern Zirkusspiele, 1sozusagen als höchstes Trostmittel für die zerstörte Stadt. O hätte ich für diesen Gegenstand entsprechende Beredsamkeit, um dem Unwillen über diese Vorgänge gebührenden Ausdruck zu verleihen, auf daß die Klage so mächtig werde, wie der Schmerz über das S. 206 Geschehene groß ist! Wer kann nämlich ermessen, welcher der genannten Punkte zuerst zum Gegenstand einer Anklage gemacht werden soll, die Gottlosigkeit oder die Torheit, die Ausschweifung oder der Wahnsinn? Denn alles liegt darin eingeschlossen. Denn was ist gottloser, als etwas zur Beleidigung Gottes zu erstreben? Oder was ist törichter, als über das nicht nachzudenken, was man verlangt? Oder welche Ausschweifung ist so verworfen, als sich mitten in der Trauer nach Ausschweifungen zu sehnen? Was ist wahnsinniger, als im Unglück sein und sein Unglück nicht einsehen? Unter all diesen Dingen liegt im Wahnsinn die geringste Schuld, weil dort der Wille nicht sündigt, wo in Raserei gefehlt wird. Um so mehr sind die anzuklagen, von denen wir sprechen, weil sie bei gesunden Sinnen wie Wahnsinnige handelten. Zirkusspiele also, ihr Trierer, wünscht ihr, und zwar trotz der Verwüstung, trotz der Einnahme, nach der Niederlage, nach dem Blutvergießen, nach Qualen, nach Gefangenschaft, nach all den Katastrophen eurer zerstörten Stadt? Was ist beweinenswerter als diese Torheit, was beklagenswerter als dieser Wahnsinn? Ich gestehe, ich hielt euch für sehr unglücklich, als ihr die Zerstörung erlitten hattet; aber ich sehe euch noch unglücklicher, da ihr Schauspiele verlangt. Ich glaubte nämlich, daß ihr bei euren Niederlagen Vermögen und Besitz verloren hättet; ich wußte aber nicht, daß ihr Verstand und Einsicht eingebüßt habt. Theater verlangt ihr also, einen Zirkus fordert ihr von den Häuptern? Für welchen Stand, frage ich, für welches Volk, für welche Stadt? Für eine verbrannte und zerstörte Stadt, für ein gefangenes und hingemordetes Volk, welches entweder zugrundegegangen ist oder in Trauer lebt: wenn noch etwas davon übrig ist, so ist es ganz im Unglück versunken; alle sind entweder in Trauer und Angst oder von Tränen erschöpft oder niedergeschlagen in ihrer Verlassenheit. Kaum weiß man, wessen Schicksal schlimmer und härter ist, das S. 207 der Getöteten oder das der Lebendigen. Denn so groß ist das Unglück der Überlebenden, daß es das Leid der Toten noch übersteigt. Du verlangst also öffentliche Spiele, Trierer? Wo, ich frage dich, sollen sie abgehalten werden? Etwa über dem Grab und der Asche? Etwa über den Gebeinen und dem Blut der Erschlagenen? Welcher Teil der Stadt ist frei von all diesen Schrecken? Wo wurde kein Blut vergossen? Wo sind keine Leichen hingestreckt? Wo findet man keine zerhauenen Glieder von Gemordeten? Überall herrscht der Anblick einer eingenommenen Stadt, überall der Schrecken der Gefangenschaft, überall ein Bild des Todes. Die Überlebenden aus dem unglücklichsten Volk liegen auf den Grabhügeln ihrer Toten, und du verlangst Zirkusspiele? Von Brand geschwärzt ist noch die Stadt, und du willst eine festliche Miene aufsetzen? Alles ist in Trauer, du bist lustig. Und darüber hinaus forderst du durch deine schändlichen Gelüste Gott heraus und reizest den Zorn der Gottheit durch schlimmsten Aberglauben. Wahrlich, ich wundere mich durchaus nicht, ich wundere mich nicht, daß diese Leiden über dich gekommen sind, die daraus folgten. Denn weil dich drei Katastrophen nicht gebessert haben, verdientest du durch die vierte unterzugehen.


  1. 419 schloß Konstantius mit dem Westgotenkönig Wallia einen Vertrag und kam zu diesem Zwecke nach Gallien. Die Trierer scheinen ihn bei dieser Gelegenheit um Abhaltung von glänzenden Zirkusspielen gebeten zu haben, vielleicht in der Hoffnung, dadurch ihrer verarmten Stadt wieder aufzuhelfen. (Vgl. Härnmerle I, S. 23.) ↩

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