30. Daß Thränen nicht hervorgelockt werden sollen, wenn sie nicht von selbst kommen.
Diejenigen nun, welche schon eine Neigung zu den Tugenden haben, müssen keineswegs die Thränenvergießung hervorpressen noch so sehr das Weinen des äussern Menschen anstreben, das übrigens, wenn es auch irgendwie hervorgebracht wäre, doch nie die Reichlichkeit ungenöthigter Thränen erreichen würde. Denn sie werden das betende Gemüth durch ihre Anstrengungen mehr zerstreuen und erniedrigen und zu tiefst herabdrücken und werden es von jener himmlischen Höhe herabziehen, in welcher der erstaunte Geist des Betenden immer befestigt sein sollte, indem sie es zwingen, mit Nachlaß des Gebetseifers, um unfruchtbare, erzwungene Thränentröpflein krankhaft zu thun.