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So liegt uns jetzt das Leben Ephraem's vor, wo nicht ganz und genau, doch in seinen Umrissen wenigstens einigermaassen mit der Geschichte vereint. Leider sind der bekannteren Quellen zu wenige, um eine vollständige Biographie jenes grossen Mannes zu liefern. Dennoch zweifeln wir nicht, dass unter den uns unbekannten syrischen Schätzen von Manuscripten, deren Zahl bedeutend ist, gar Manches S. 54 verborgen sei, was uns einen tieferen und klareren Blick in das Leben Ephraem's gestatte; nach seiner Redeutung in der syrischen Kirche dürfen wir dies mit Recht erwarten. Er nahm eine der erhabensten Stellungen in derselben ein, nicht äusserlich — denn dazu war er zu bescheiden, zu demüthig — wohl aber innerlich, geistig. Sein Wort, seine Lehren übten Wunderkraft auf seine Zuhörer; sein reiner Wandel war Allen ein Spiegel der lautersten Frömmigkeit, der reichsten Gnade Gottes, und so folgten Viele, seiner Spur nachgehend, der wahren Lehre Christi. Die Verehrung, die ihm in seiner Kirche daraus entspross, war nicht nur vorübergehend, wurde ihm nicht nur von seinen Zeitgenossen zu Theil, — sie ward Sache der Kirche, ein Lebenstheil der Kirche; so lange von dieser eine Spur sein wird, wird jene leben; denn die wenigen Reste der syrischen Kirche, die Mönche, die noch dazu in verschiedene Secten zerstreut hier und da in den Klöstern leben, feiern alle noch jetzt das Andenken Ephraem's an bestimmten Gedächtnisstagen, singen noch heut seine Hymnen als Kirchengesänge. Und auch wir, betrachten wir seine Schriften, so viel uns deren das Schicksal noch aufbewahrt, betrachten wir sie vom christlichen oder philologischen Standpunkte, müssen in das Lob seiner Verehrung einstimmen!
