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S. 1 1 Der heilige Ephraem war von Geburt ein Syrer. Sein Vater stammte aus Nisibis, seine Mutter aus Amida.2 Der Vater war Priester 3 in Nisibis und dienete dem Götzen Abnil, welchen der siegreiche Kaiser Jovinianus später stürzte. — Die Geburt des heiligen Ephraem fiel in die Zeit des rechtgläubigen Kaisers Constantinus.4 - Er war ausgewählt gleich von seiner Geburt an, wie Jeremias und Samuel; denn es wollte Gott, dass er zerstöre und vernichte S. 2 alle Secten, die gegen die Wahrheit ankämpften, und ihren Uebermuth breche, und dass er durch das Licht seiner Lehre den ganzen Erdkreis erleuchte und die Schaaren leite zum Wege der Wahrheit.
Die göttliche Gnade, die ihn auserwählt hatte, war stets mit ihm und bewahrte ihn, dass er nicht an den Götzenopfern seines Vaters Theil nahm und den Götzen Abnil anbetete. Auch die bösen Daemonen fürchteten ihn; denn sie sahen, wie die göttliche Gnade über den Knaben und über alle seine Werke ausgegossen war, und sie wollten ihn nicht länger bei seinen Eltern sehen. So versuchten denn die Eltern mit vielem Eifer ihn zu dem Tempel ihrer Götzen zu bringen, aber die göttliche Gnade bewahrte ihn. Da vollendete sich an ihm das Wort, welches dem Ananias über Paulus gesagt worden: „Dieser ist mir ein auserwähltes Gefäss.“
Als der Vater ihn eines Tages — Ephr. war noch ein Knabe — mit einem Christen in der Stadt sprechen sah, wurde er von Zorn erfüllt und züchtigte den Knaben erbarmungslos. Dann sprach er zu ihm: „Ich gehe jetzt vor meinen Gott und bringe ihm Opfer, ob er dir vielleicht gnädig sein möchte.“
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[ Cf Vorrede. Opp. Ephr. Ed. Quir. tom. III. p. 1 sqq.] ↩
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Wiewohl die Edessener Chronik sagt, Amida, die Geburtsstadt der Mutter Ephraem's sei erst a. 349 von Constantius, dem Sohne Constantin d. Gr., erbaut worden, und wiewohl Dionys, der Patriarch der Jacobiten, in seiner Chronik für 349 ihr beistimmt, so sehen wir doch aus anderen Stellen derart, dass der Ausdruck „b'no bauen“ bedeuten soll „mit Mauern umgeben.“ So finden wir in derselben Schrift angeführt, Τela in Mesopotamien soll 350 von Constantius, Rhesaina 380 von Theodosius d. Gr., endlich Dara 505 vom Kaiser Anastasius I. erbaut sein, während Ephraem im Commentar zur Genesis an der Stelle, wo er von Nimrod spricht, sagt: „Er herrschte aber in Arach (jetzt Edessa), in Achar (jetzt Nisibis) und in Bliese (jetzt Rhesaina).[“] Es geht aus diesen Worten hervor, dass z. B. Rhesaina nicht erst von Theodosius erbaut sein kann. Dass die Kaiser jene Städte aber mit Mauern umgeben haben, ist wohl natürlich, da sie beständig die Perser im Osten ihres Landes als Feinde hatten. So verhält es sich denn auch mit Amida, und wir stossen mithin die Chronologie des Lebens Ephraem's nicht um, wenn wir Amida als die Geburtsstadt seiner Mutter setzen. ↩
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Die Syrer und Kopten berichten, wie die unbekannten Verfasser beider syrischen Biographien, dass Ephraem's Eltern Heiden gewesen. Wir dürfen daher auf das Zeugniss einiger geringeren Autoritäten, wie Metaphrastes, der die Eltern Ephraem's als Christen bezeichnet, kein grosses Gewicht legen. ↩
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Siehe d. Abhdl. ↩