m. Gregor und die Liturgie
Johannes Diaconus berichtet von Gregor: „Alsdann veranstaltete er im Hause des Herrn, wie der weise Salomon, wegen der Eindringlichkeit eines schönen Gesanges mit großem Fleiße eine Sammlung der Antiphonen für den Gesang. Auch gründete er einen Sängerchor, der heute noch in der römischen Kirche nach denselben Bestimmungen singt.“ 1 Weiter sagt Johannes Diaconus, Gregor habe das Buch des Gelasius über die Feier der hl. Messe neu redigiert, habe Änderungen im Kanon getroffen und die Stationsgottesdienste geregelt. 2 Gregor gilt von da ab als der große Restaurator des Gesanges, der nach ihm benannt ist. Vergeblich suchen wir nähere Angaben darüber bei Gregor selbst oder bei seinen Zeitgenossen. Der liber Pontificalis sagt darüber nur: „Hic augmentavit in praedicationem canonis, diesque nostros in tua pace disponas, et cetera.“ 3 Johann Georg Eckhart (1664—1730) setzt Zweifel in die Berechtigung der bisherigen Tradition, 4 und Gallicioli greift sie ziemlich heftig an, 5 während andere für sie eintreten. Der Vorgang wiederholte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als Fr. Aug. Gevaert 6 gegen, Dom Germain Morin, 7 Dom Cagin 8 u. a. für die Tradition ein- S. 42 traten. Adalbert Ebner, der über diese Meinungsverschiedenheiten berichtet, kommt zu dem Schlusse, daß das Übergewicht der positiven Beweisgründe auf selten der Tradition für Gregor liege. 9 Als ein Hauptbeweismoment kann er ein Elfenbein-Diptychon von Monza in die Waagschale werfen, das von Gregor der Königin Theodelinde übersendet wurde. Auf ihm ist der Anfang einer Hexameterreihe, die das Lob Gregors als Liturgikers verkündet, in Schriftzeichen eingegraben, die auf jene Zeit zurückgehen. P. Coelestin Vivell vermutet, daß ein Musik-Traktat Gregors existierte und verlorengegangen sei. 10 Die Schwierigkeiten dürften ihre Lösung darin finden, daß Gregor wahrscheinlich noch als Mönch das Antiphonarium zusammenstellte und den Gesang reformierte. Da es damals noch keine solche Einheit in liturgischen Dingen gab wie heute und jede Kirche ihre Eigenheiten besaß, dachte Gregor bei seiner Arbeit nur an sein Kloster, an seine Kirche. Von da hinweg ging sie mit ihm in die lateranische Basilika und nach St. Peter, um dann später mit seinem Ruhme, besonders durch die Bemühungen Karls des Großen, durch das ganze Abendland sich zu verbreiten. 11 Sicher ist, daß Gregor das Kyrie eleison, wie es jetzt in der hl. Messe gebetet wird, anordnete, daß er die Anfügung des Alleluja nach dem Graduale regelte, die Worte Diesque nostros in tua pace disponas in das „Hanc igitur“ einfügte und dem Pater noster die jetzige Stelle zuteilte. Die Namensbeifügung „atque Andrea“ im Embolismus wird fast allgemein auf Gregor, den ehemaligen Abt von St. Andreas, zurückgeführt.
-
Joh. Diac. S. Gregorii Vita II 6; Migne P. L. LXXV 90. ↩
-
Ebd. II 17—19, Migne P. L. LXXV 94. ↩
-
Lib. Pont. (ed. Duchesne) I 113. ↩
-
Eccardi Comment. De rebus Franciae orient. II 718. ↩
-
Gallicioli, S. Gregorii Papae I. Opera omnia, tom. IX pag. 175 f. Venetiis 1772. ↩
-
Les origines du chant liturgique. Gand 1890. ↩
-
Les véritables origines du chant Grégorien. Maredsous 1890. ↩
-
Un mot sur l’Antiphonale missarum. Solesmes 1890. ↩
-
Gregor der Große und das römische Antiphonar. Kirchen-musikalisches Jahrbuch 1892. Regensburg, S. 97 ff. ↩
-
Vom Musik-Traktate Gregors des Großen. Leipzig 1911. ↩
-
Vgl. dazu Peter Wagner, Einführung in die katholische Kirchenmusik. Düsseldorf 1911, S. 12 f. ↩