62.
Wiederum hat Celsus vielleicht die Stelle: „Denn der Mund des Herrn hat dies gesprochen“1 falsch verstanden, vielleicht auch die voreilige Bemühung der S. 613 Ungelehrten um die Auslegung solcher Worte gehört und die wahre Bedeutung der Ausdrucksweise, dass mit den Namen der Glieder des Leibes die Eigenschaften Gottes bezeichnet zu werden pflegen, nicht erkannt, wenn er sagt: „Er hat auch keinen Mund und auch keine Stimme“ In Wahrheit wird ja auch Gott „keine Stimme haben“, wenn nämlich „die Stimme“ „erschütterte Luft“ ist, oder „Erschütterung der Luft“ oder „eine Luftart“, oder wie auch immer die auf diesem Gebiete Sachverständigen den Begriff „Stimme“ definieren.
Aber die in der Schrift genannte „Stimme Gottes“ ist so beschaffen, dass sie als „Stimme Gottes“ von dem Volke „gesehen wird“, wie diese Stelle bezeugt: „Das ganze Volk sah die Stimme Gottes“2 , wobei das Wort „sehen“, um mich eines der Schrift geläufigen Ausdruckes zu bedienen, „geistig“3 genommen wird. „ Gott hat auch nichts anderes von dem, was wir kennen“, sagt Celsus weiter, ohne das genau anzugeben, „was wir kennen“. Meint er damit die Gliedmaßen, so stimmen wir ihm bei, indem wir in Gedanken hinzusetzen: „die wir nach ihrer körperlichen und gewöhnlichen Bezeichnung kennen“. Verstehen wir aber den Ausdruck: „was wir kennen“, ganz allgemein, so ist uns bekannt, dass viel von Gott ausgesagt wird; denn in ihm ist Tugend und Seligkeit und Göttlichkeit. Wenn wir aber den Worten: „was wir kennen“ einen höheren Sinn beilegen, da alles, was wir kennen, geringer ist als Gott, so ist es nicht widersinnig, wenn auch wir annehmen, dass Gott nichts hat von dem, „was wir kennen“. Denn das, was in ihm ist, ist höher als alles, nicht nur höher als das, was den Menschen bekannt ist, sondern auch höher als das, was jene Wesen kennen, die über dem Menschen stehen. Hätte Celsus die Aussprüche der Propheten gelesen, hätte er gewußt, S. 614 was David sagt: „Du aber bist derselbe“4 , und dass es bei Maleachi, glaub' ich, heißt: „Und ich verändere mich nicht“5 , so würde ihm klar sein, dass keiner von uns eine Veränderung Gottes im Handeln oder Denken behauptet. Denn indem Gott „derselbe“ bleibt, regiert er die Dinge, die der Veränderung unterworfen sind, wie es ihrer Natur entspricht, und wie die Vernunft selbst fordert, dass sie regiert werden.
