Antwort
Von Denen, die in der Brüderschaft den Vorrang zu haben scheinen, müssen die Übrigen den leiblichen Dienst annehmen, den sie ihnen erweisen wollen. Denn die Demuth verlangt nicht nur von dem Höheren, daß er diene, sondern zeigt auch dem Niederen, daß es nicht unpassend sei, sich bedienen zu lassen. Denn hierzu leitet uns das Beispiel des Herrn an, der es nicht unter seiner Würde fand, seinen Jüngern die Füße zu waschen, und diese nicht wagten, sich dagegen zu sträuben. Selbst auch Petrus, der Anfangs aus großer Ehrfurcht es nicht zulassen wollte, war sofort gehorsam, als er über die Gefahr des Ungehorsams belehrt worden war. Daher braucht der Untergebene nicht zu fürchten, er werde den Zweck der Demuth verfehlen, wenn er sich einmal von dem Vorgesetzten bedienen ließe. Denn oft wird der Dienst mehr der Belehrung und eines wirksamen Beispiels wegen geleistet, als weil es die Nothwendigkeit erfordert. Er zeige daher durch Gehorsam und Nachahmung seine Demuth und mache sich nicht dadurch, daß er sich unter dem Scheine der Demuth widersetzt, einer stolzen und S. 117 übermüthigen That schuldig. Denn der Widerspruch ist ein Zeichen von Eigenmächtigkeit und Unterwürfigkeit. Daher liegt darin mehr Stolz und Verachtung als Demuth und Gehorsam. Deßhalb müssen wir nothwendig Dem gehorchen, der sagt: „Ertragend einander in Liebe.“1
Ephes. 4, 2. ↩
