3.
Daß es ferner auch unmöglich sei, wenn das Gemüth von verschiedenen Sorgen zerrissen ist, Das, wonach man strebt, auf die rechte Weise zu thun, zeigt der Herr in den Worten: „Niemand kann zweien Herren dienen.“1 Und wiederum: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“2 Daher müssen wir einzig und allein den himmlischen Schatz wählen, um bei ihm das Herz zu haben; „denn wo dein Schatz ist,“ heißt es, „da wird auch dein S. 77 Herz sein.“3 Behalten wir daher irgend einen irdischen Besitz oder ein vergängliches Gut für uns zurück, so bleibt darin der Geist gleichsam im Kothe vergraben und kann die Seele niemals zur Anschauung Gottes gelangen und zur Sehnsucht nach den himmlischen Schönheiten und den uns in den Evangelien verheissenen Gütern bewogen werden, in deren Besitz wir nur gelangen können, wenn uns eine anhaltende und heftige Begierde, sie zu erlangen, treibt und die Mühe um sie erleichtert. Die Entsagung besteht also, wie jene Worte beweisen, in der Loslösung von den Banden dieses materiellen zeitlichen Lebens und in der Befreiung von menschlichen Handtirungen, wodurch wir besser in den Stand gesetzt werden, den Weg zu Gott anzutreten und ungehindert nach dem Besitze und Genusse jener Güter zu streben, die kostbarer sind als Gold und Edelsteine. Diese Freiheit, um es mit einem Worte zu sagen, ist eine Versetzung des menschlichen Herzens in den Himmel, so daß wir sagen können: „Denn unser Wandel ist im Himmel.“4 Ja sie ist, was das Größte ist, der Anfang der Gleichförmigkeit mit Christus, der unsertwegen arm wurde, da er reich war. Ohne diese Gleichförmigkeit sind wir nicht im Stande, den evangelischen Wandel Christi zu erreichen. Wann kann denn Zerknirschung des Herzens, Unterdrückung des Hochmuths, des Zorns, der Trauer und der Sorgen, um es kurz zu sagen, die Befreiung von den verderblichen Leidenschaften der Seele bei dem Reichthume, den Weltsorgen und der Anhänglichkeit und Gewöhnung an noch andere Dinge bewerkstelligt werden? Mit einem Worte, wenn es nicht einmal erlaubt ist, selbst um die nothwendigen Dinge, um Nahrung und Kleidung, besorgt zu sein, wie soll es denn erlaubt sein, sich von den bösen Sorgen des Reichthums wie von Dornen umstricken zu lassen, welche verhindern, daß der von dem Gärtner unserer Seele ausgestreute Same Frucht trage; wie unser Herr sagt: „Die, S. 78 welche unter die Dornen gesäet wurden, sind Diejenigen, welche in den Sorgen, Reichthümern und Lüsten des Lebens ersticken und keine Frucht bringen.“5
