2.
Vom Glauben der zur neuen Heilsordnung Übertretenden hängt nämlich die Wirkungsweise ihrer Wiedergeburt ab: wer die heilige Dreiheit ohne Ausnahme als unerschaffen bekennt, geht in deren wechsel- und wandelloses Leben ein; wer dagegen infolge seines Irrwahnes innerhalb der Dreiheit eine geschaffene Natur annimmt1, und sich auf dieselbe taufen läßt, wird zu einem wandelbaren und veränderlichen Leben wiedergeboren; denn der Erzeugte hat notwendig die nämliche Natur wie der Erzeugende. Was möchte also mehr frommen: in das unveränderliche Leben einzugehen oder aber wiederum in das Gewoge des veränderlichen Lebens geworfen zu werden? Da nun jeder, der auf Verstand Anspruch macht, ohne weiteres einsieht, daß das Unveränderliche dem Veränderlichen, das Vollkommene dem Unvollkommenen, das nichts Bedürfende dem Mangel Leidenden, das keines Fortschrittes mehr Fähige und im Guten immerdar Beharrliche dem noch auf dem Wege des Fortschrittes sich Befindlichen bei weitem vorzuziehen ist, so muß, wer irgend Einsicht hat, notwendig eines von beiden wählen: entweder glauben, die ganze heilige Dreiheit sei von unerschaffener Natur, und dieselbe sich zum S. 81 Urheber seines neuen Lebens bei der Wiedergeburt bestellen, oder, wenn er den Sohn und den Heiligen Geist außerhalb der Natur des Vaters als des obersten und wirklichen und guten Gottes stellen will, diese Meinung nicht in die Zeit der Wiedergeburt hinübernehmen, damit er nicht unversehens der mangelhaften und der Verbesserung bedürftigen Natur sich anheimgebe und sich sozusagen in die nämliche Art einführe, weil er mit seinem Glauben von der allerhabenen Natur abfiel. Denn wer einem Geschöpfe sich unterwürfig macht, der stellt, selbst wenn er es nicht beabsichtigt, die Hoffnung des Heiles nicht auf Gott.
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Gregor spielt offenbar auf die Häretiker an, welche der zweiten oder dritten Person in der Trinität eine Art von Geschöpflichkeit zuschrieben. ↩