2.
S. 58 Die gesamte Ordnung der Glieder, die am menschlichen Leibe arbeiten, dienen einem einzigen Zweck, und dieser Zweck ist die Erhaltung des menschlichen Lebens. Die übrigen Organe nun erhalten in der Gegenwart das Leben des Menschen, indem die einen nach dieser Richtung, die anderen nach jener tätig sind, um die Sinne zu ihren Funktionen zu befähigen und den Menschen die Arbeitskraft zu verschaffen; den Zeugungsgliedern obliegt dagegen die Sorge für die Zukunft, indem sie dem Menschengeschlecht immer neuen Nachwuchs zuführen. Welchen Gliedern, die für ehrenvoll gehalten werden, könnten jene, vom Standpunkt des Nutzens aus betrachtet, nachgesetzt werden? Welchen wären sie mit gutem Grund nicht vielmehr vorzuziehen? Denn nicht durch das Auge oder das Ohr oder die Zunge oder durch ein anderes Sinneswerkzeug wird unser Geschlecht fortgepflanzt ― denn diese sind, wie gesagt, für die Gegenwart nützlich ― sondern durch jene wird der Menschheit die Unsterblichkeit vermittelt, so daß der Tod, obgleich er unaufhörlich gegen uns arbeitet, in gewisser Hinsicht doch keinen Erfolg erzielt, weil sich unsere Natur für den erlittenen Abgang selbst immer wieder Ersatz verschafft. Was enthält also unser Geheimnis Unziemliches, wenn Gott sich der Menschheit durch das eingliedert, durch das unsere Natur gegen den Tod ankämpft?Kapitel 29. Warum erschien Gott so spät?