5. Kap. Über die Zeit, in der er den Menschen erschienen ist.
Nach dieser notwendigen Einleitung zu unserer geplanten KG wollen wir nunmehr gewissermaßen den Marsch beginnen mit der Menschwerdung unseres Erlösers. Zuvor aber wollen wir Gott, den Vater des Logos, und unseren sich offenbarenden Erlöser und Herrn Jesus Christus, den himmlischen Logos Gottes, anrufen, daß er uns helfe und beistehe zur wahrheitsgetreuen Erzählung.
Es war das 42, Jahr der Regierung des Augustus und das 28. Jahr seit der Unterwerfung Ägyptens und dem Tode des Antonius und der Kleopatra, womit die Herrschaft der Ptolemäer in Ägypten ihr Ende gefunden hatte,1 da wurde unser Erlöser und Herr Jesus Christus S. 34 unter Quirinius,2 dem Statthalter von Syrien, zur Zeit der damaligen ersten Volkszählung gemäß den Prophezeiungen zu Bethlehem in Judäa geboren. Über diese Volkszählung unter Quirinius berichtet auch Flavius Josephus, der berühmteste Schriftsteller der Hebräer, indem er zugleich die zu derselben Zeit entstandene Sekte der Galiläer erwähnt, von der unser Lukas in der Apostelgeschichte also erzählt: „Hierauf erhob sich Judas, der Galiläer, in den Tagen der Volkszählung und gewann das Volk für sich; auch er kam um, und alle, welche ihm gefolgt waren, zerstreuten sich.“3 Damit stimmt der erwähnte Josephus im 18. Buche seiner „Altertümer“ überein. Er berichtet wörtlich: „Der Senator Quirinius, ein Mann, der schon die übrigen Ämter bekleidet hatte, durch alle Stufen bis zur höchsten Würde emporgestiegen war und auch sonst großen Einfluß besaß, kam mit einigen Begleitern nach Syrien, vom Kaiser als Richter entsandt und mit der Aufgabe der Vermögensschätzung betraut.“4 Bald darauf schreibt er: „Judas, der Gaulaniter, ein Mann aus der Stadt Gamala, reizte gemeinsam mit dem Pharisäer Saddok zum Aufstande auf; sie gaben aus, daß die Schätzung nichts anderes als die volle Knechtung bezwecke, und forderten das Volk auf, für die eigene Freiheit einzutreten.“5 Über diesen Judas bemerkt Josephus im zweiten Buche seines „Jüdischen Krieges“: „Damals reizte ein Galiläer, namens Judas, seine Landsleute zum Aufstande auf und schalt sie, daß sie sich die Steuern an die Römer gefallen ließen und außer Gott noch sterbliche Herrscher annähmen.“6 Soweit Josephus.7
Eusebius verlegt den Regierungsantritt von Oktavianus Augustus in das Jahr 44 v. Chr. Von da ab regierte er jedoch noch vierzehn Jahre, d. i. bis zur Eroberung von Ägypten und dem Tode des Antonius und der Kleopatra im Jahre 30 v. Chr., gemeinsam mit Antonius. — Ist, wie Eusebius berichtet, Jesus schon im 42. Jahre des Augustus und im 28. Jahre seit der Unterwerfung Ägyptens geboren, dann fällt seine Geburt zwei Jahre vor unsere gewöhnliche Zeitrechnung. ↩
Vgl. Luk. 2, 2. ↩
Apg. 5, 37. ↩
Altert. 18, 1 (Ausgabe von Niese). ↩
Altert. 18, 4. ↩
Jüd. Krieg 2, 118 (Ausgabe von Niese). ↩
Irrtümlich identifiziert Eusebius die von Lukas 2, 2 erwähnte Volkszählung oder Schätzung mit derjenigen, welche Josephus erwähnt. Die letztere fand erst im Jahre 6 oder 7 nach der Geburt Jesu statt. Die beiden Schätzungen wurden auch identifiziert von Origenes in Comment. Zu Matth. 22, 15. Vgl. A. Mayer, „Die Schätzung bei Christi Geburt“ (1908); W. Weber, „Der Zensus des Quirinius nach Josephus“, in Zeitschr. f. neutestamentl. Wiss. 1909, S. 307 ff.; M. J. Lagrange, „Où en est la question du recensement de Quirinius?“ in Révue Bibl. 1911, S. 60ff. 1 ↩
