32. Kap. Das Martyrium Symeons, Bischofs von Jerusalem.
Wie überliefert wird, entstanden nach Nero und Domitian unter dem Herrscher, dessen Zeit wir gerade behandeln,1 vereinzelt in Städten infolge von Volksaufständen gegen uns Verfolgungen. In einer derselben erlitt Symeon, der Sohn des Klopas, der, wie wir berichteten,2 als zweiter Bischof der Kirche von Jerusalem eingesetzt worden war, gemäß der Überlieferung den Martertod. Zeuge hierfür ist jener Hegesippus, den wir schon oben wiederholt zitiert haben. Wie dieser in einem Bericht über verschiedene Häretiker mitteilt, wurde Symeon zu jener Zeit von seiten dieser Häretiker angeklagt, wegen seines christlichen Glaubens lange Zeit auf verschiedene Weise gepeinigt, wobei er die höchste Bewun- S. 142 derung des Richters selbst und seines Kollegiums erregte, und schließlich ähnlich dem Herrn hingerichtet. Doch ist es am besten, den Schriftsteller selber zu hören, welcher darüber also erzählt:3 „Gegen Symeon erhoben einige dieser Häretiker die Anklage, daß er von David abstamme und Christ sei, weshalb er im Alter von 120 Jahren unter Kaiser Trajan und dem Prokonsul Attikus den Martertod erlitt.“ Der gleiche Schriftsteller berichtet, daß damals nach jenen gefahndet wurde, welche vom Königsgeschlechte der Juden abstammten, und daß zufällig auch die Ankläger des Symeon als solche Nachkommen verhaftet wurden. Mit gutem Grunde läßt sich behaupten, daß auch Symeon den Herrn gesehen und gehört hat. Denn man kann sich hierfür auf sein hohes Alter berufen sowie darauf, daß das Evangelium4 Maria, die Frau des Klopas, erwähnt, dessen Sohn, wie schon früher gesagt,5 Symeon war. Wie Hegesippus mitteilt, lebten noch Nachkommen von einem anderen der sog. Brüder des Heilandes, nämlich von Judas, bis zur gleichen Regierungszeit,6 nachdem sie unter Domitian, wie schon oben erzählt,7 für ihren christlichen Glauben Zeugnis abgelegt hatten.8 Hegesippus schreibt:9 „Sie kehrten nun zurück und erhielten als Bekenner und als Verwandte des Herrn führende Stellungen in der ganzen Kirche. Nachdem tiefer Friede in der ganzen Kirche eingetreten war, lebten sie noch bis zur Regierung des Kaisers Trajan, bis zu jener Zeit, da der oben erwähnte Symeon, der Sohn des Klopas, von den Häretikern als Vetter des Herrn angegeben und unter dem Prokonsul Attikus aus eben diesem Grunde vor Gericht gestellt wurde. Trotzdem er Tage lang gemartert wurde, blieb er standhaft im Glauben, so daß alle und auch der Prokonsul sich wunderten, wie ein Mann von 120 Jahren S. 143 solches aushalten konnte. Sodann befahl man, ihn zu kreuzigen.“ In seinem Berichte über die erwähnten Zeiten fügt Hegesippus jener Erzählung noch bei, daß die Kirche bis dahin eine reine, unbefleckte Jungfrau geblieben sei; denn die, welche die gesunde Lehre der Heilspredigt zu untergraben suchten, hielten sich damals, wenn es schon solche gab, noch in Finsternis versteckt und verborgen. Als der heilige Chor der Apostel auf verschiedene Weise sein Ende gefunden hatte und jenes Geschlecht, welches das Glück hatte, mit eigenen Ohren der göttlichen Weisheit zu lauschen, abgetreten war, erhob sich zum ersten Male der gottlose Irrtum durch die Schuld lügenhafter fremder Lehrer. Diese wagten nun, da keiner der Apostel mehr am Leben war, mit frecher Stirne der Lehre der Wahrheit eine falsche sog. Gnosis entgegenzusetzen.