1.
V.10: „Und es fragten ihn seine Jünger und sagten:Warum sagen dann aber die Schriftgelehrten, dass zuerst Elias kommen müsse?“
Also nicht aus der Hl.Schrift wußten sie das, sondern vonn den Schriftgelehrten, die ihre eigenen Ansichten gepredigt hatten, und so wurde diese Meinung unter dem ungebildeten Volke verbreitet. Ebenso hatten sie es mit Christus gemacht. Darum konnte auch die Samaritanerin sagen: „Der Messias kommt, und wenn er kommt, wird er uns alles verkünden“1 ; so hatte man auch den Johannes gefragt:„Bist du Elias? bist du der Prophet?“2 . Denn, wie ich sagte, man sprach allgemein über Christus und über Elias; doch wurdeen von jenen falsche Meinungen in Um lauf gebracht. Die Hl.Schrift kennt eine zweifache Ankunft Christi, die eine, die bereits erfolgt ist, und die andere die erst noch erfolgen soll.V on ihnen beiden handelt Paulus, wo er schreibt: „Erschienen ist die Gnade Gottes, unseres Heilandes, allen Menschen, und hat uns unterwiesen, dass wir der Unfreiheit und den weltlichen Gelüsten entsagen und S. d819besonnen, gerecht und fromm leben sollen“3 . Damit ist also die erste Ankunft gezeichnet. Vernimm nun auch, wie er die zweite erwähnt. Nach obigen Worten fährt er fort: „Erwartend die selige Hoffnung und die Ankunft der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“4 Auch die Propheten erwähnen beide Ankünfte.Vor der zweiten wird Elias der Vorläufer sein; denn bei der ersten war es Johannes, den Christus auch als Elias bezeichnet, nicht als ob er wirklich Elias gewesen wäre. sondern weil er die Aufgabe desselben erfüllte. Wie nämlich Elias bei der zweiten Ankunft Vorläufer sein wird, so war es Johannes bei der ersten. Die Schriftgelehrten aber hielten diese beiden nicht auseinander und machten auch das Volk irre, indem sie vor den Leuten nur die zweite Ankunft erwähnten;sie sagten: wenn dieser Christus wäre, hätte Elias vorher auftreten müssen. Damit ist also der Grund angegeben, weshalb die Jünger fragten:„Warum sagen die Schriftgelehrten, dass zuerst Eliass kommen müsse?“ wie auch, dass die Pharisäer Johannes fragen ließen: „Bist du Elias?“ Nirgends aber erwähnen sie die erste Ankunft.
Wie löste nun Christus diese Frage? Er sagt: Elias wird einst bei meiner zweiten Ankunft erscheinen, aber auch jetzt ist ein Elias gekommen, womit er Johannes bezeichnet. Dieser ist als Elias gekommen; aber nicht als der Thesbiter, denn er wird erst noch kommen.
V.11: „Elias wird kommen und alles wiederherstellen.“
Was alles? Was der Prophet Malachias erwähnt: „Ich sende euch Elias,den Thesbiter und er wird zurückwenden das Herz des Vaters zu dem Sohne, damit ich nicht komme und das Land gründlich schlage“5 . Merkst du, wie genau sich der Prophet ausdrückt? Christus nennt den Johannes Elias, weil beide die gleiche Aufgabe haben. Damit man nun nicht glaube, der Prophet rede im gleichen Sinne, so fügt er dessen Heimat bei und sagt:„den Thesbiter“: Johannes war S. d820aber kein Thesbiter.Noch ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wird angeführt: „Damit ich nicht komme und die Erde von Grund aus erschüttere“; damit wird auf die Schrecken der zweiten Ankunft hingewiesen. Das erstemal erscheint er nicht, um die Erde zu erschüttern. „Ich bin nicht gekommen“,sagt er, „damit ich die Welt richte, sondern damit ich die Welt rette“6 . Es ist also offenbar, dass der Thesbiter vor jener Ankunft, mit welcher das Gericht verbunden ist, erscheinen wird. Zugleich gibt er kund, in welcher Absicht er kommen wird. Und die wäre? Dass er kommen wird, um die Juden zum Glauben an Christus zu bewegen, damit sie nicht alle zusammen bei seiner Ankunft zugrunde gehen. Darum erinnert er sie auch daran, und sagt, „er wird alles wiederherstellen“, d.h. er wird den Unglauben der dann noch lebenden Juden auf den rechten Weg weisen.Darin liegt der Grund, weshalb er die Worte so genau abwog und nicht sagte: er wird das Herz des Sohnes zum Vater kehren, sondern:„des Vaters zum Sohne“. Die Apostel waren nämlich die Söhne der Juden; deshalb sagte er,Elias wird hinführen zu den Lehren ihrer Söhne, nämlich der Apostel, die Herzen der Väter, d.h.die Gesinnung der Juden.
V.12: „Ich sage euch aber, dass Elias schon gekommen ist, und sie erkannten ihn nicht, sondern taten an ihm, was sie nur wollten. So auch wird der Sohn des Menschen zu leiden haben von ihnen.
V.13: Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes zu ihnen gesprochen habe.“
Auch davon hatten weder die Schriftgelehrten noch die Schrift selbst gesprochen. Sie waren aber nunmehr scharfsinniger und aufmerksamer auf seine Worte geworden und so faßten sie es rasch auf. Wie kam es, dass sie es so schnell verstanden? Weil er ihnen schon früher erklärt hatte: „Er selber ist Elias, der da kommen soll“7 . Hier sagt er: „Er ist schon gekommen“, und: „Elias wird kommen und alles wiederherstellen.“ S. d821Laß dich aber nicht beirren und denke auch nicht, der Herr sei im unklaren gewesen, wenn er das eine Mal sagt, Elias werde erst kommen, das andere Mal, er sei schon gekommen. Beides ist eben zugleich wahr. Denn wenn er einmal sagt: „Elias wird kommen und alles wiederherstellen“, so spricht er vom eigentlichen Elias und der einstigen BNekehmrukng der Juden; wenn er dann wieder sagt: „der kommen soll“, so bezeichnet er Johannes mit dem Namen Elias, weil beide eine gleiche Sendung hatten. Ähnlich nannten auch die Propheten jeden hervorragenden König einen David und die Juden nannten sie wegen ihrer Sitten die Obersten von Sodoma und Söhne der Äthiopier.Wie nun Elias der Vorläufer der zweiten Ankunft sein wird, so war Johannes der Vorläufer der ersten .