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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfundsechzigste Homilie. Kap. XX, V.17-28.

2.

Alle seine Bemühungen, auch die wiederholten Hinweise auf seine Auferstehung, waren aber nicht imstande, sie mit Zuversicht zu erfüllen; denn nicht bloß die Erwähnung seines Todes setzte sie in Bestürzung, sondern vor allem auch die näheren Umstände, dass er werde misshandelt, gegeißelt werden und dergleichen. Nachdem sie gesehen hatten, welche Wunder er gewirkt hatte, wie er Besessene befreite, Tote erweckte und viele andere Zeichen tat, und nun solche Dinge hören mussten, da mochte es sie freilich bestürzen, dass einen solchen Wundertäter dergleichen Leiden treffen sollten. Daraus erklärt sich ihr schwankendes Verhalten, dass sie bald glaubten, bald ungläubig waren und seine Reden nicht begriffen. So wenig war ihnen der Sinn seiner Worte klar, dass unmittelbar darauf die Söhne des Zebedäus vor ihn hintraten, und über ihren Vorrang mit ihm zu reden. "Meister", sagten sie nach dem Berichte des Markus, "wir möchten, dass der eine zu Deiner Rechten, der andere zu Deiner Linken sitze"1 . Wie kommt es nun, dass unser Evangelist erzählt, ihre Mutter sei hinzugetreten? Es wird eben beides geschehen sein. Sie werden ihre Mutter zugezogen haben, um ihrer Bitte mehr Nachdruck zu geben, um so bei Christus leichter Erhörung zu finden. Dass dem wirklich so ist, dass die Bitte eigentlich von ihnen ausging, und dass sie die Mutter nur aus Verschämtheit vorschoben, kannst du daraus entnehmen, dass Christus sich in seiner Antwort an die beiden wendet.

S. d938 Zuerst wollen wir aber untersuchen, um was sie zunächst bitten, in welcher Absicht und wie sie dazu kamen? Wie sie dazu kamen? Sie hatten beobachtet, dass sie mehr als die übrigen in Ansehen standen, und erwarteten infolgedessen auch, mit ihrem Anliegen sicherer erhört zu werden. Welches ist aber der Inhalt ihrer Bitte? Hören wir, wie ein anderer Evangelist dies klar darlegt. Darum, erzählt er, hätten sie dieses Ansinnen gestellt, weil sie in der Nähe von Jerusalem sich befanden und meinten, das Reich Gottes stehe unmittelbar bevor2 . Sie waren der Ansicht, sein Reich sei ein sichtbares und werde bald eröffnet, und dann würden sie keine Widerwärtigkeiten mehr zu ertragen haben, wenn sie einmal erreicht hätten, worum sie baten. Zu dem ersten Grunde ihrer Bitte gesellte sich also noch ein anderer: sie wollten aller Trübsale überhoben sein. Darum wendet sich Christus in seiner Antwort zunächst gegen diese Anschauung, indem er ihnen einen gewaltsamen Tod, Gefahren aller Art und sonstige fürchterliche Dinge in Aussicht stellt.

V.22: "Könnt ihr den Kelch trinken, welchen ich trinken werde?"

fragt er. Verwundere dich aber nicht, dass die Apostel so unvollkommen waren. Noch war ja der Herr nicht am Kreuz gestorben, noch war der Heilige Geist nicht über sie gekommen. Willst du sehen, wie tugendhaft sie waren, so musst du sie nachher betrachten, und du wirst finden, dass sie dann über jede Seelenschwäche erhaben sind. Drum eben deckt der Herr auch ihre Unvollkommenheit auf, damit du erkennest, was sie durch die Gnade geworden sind. Das eine geht also aus dem Vorausgehenden klar hervor, dass sie um nichts Geistliches baten und von einem übernatürlichen Reiche keine Ahnung hatten.

Nun aber wollen wir auch sehen, wie sie zum Herrn hintraten und was sie sagen. "Wir wünschen", lauten ihre Worte. "dass Du uns gewährest, um was wir Dich bitten möchten." Er aber sprach zu ihnen: "Was wollt S. d939 ihr?" obgleich er weiß, was sie begehren. Er will sie nur nötigen, durch eine Antwort ihre Wunden zu enthüllen, um dann seine Heilmittel aufzulegen. Da erröteten sie aus Scham darüber, dass sie sich von menschlicher Schwäche soweit hatten verleiten lassen; deshalb führten sie den Herrn abseits von den Jüngern und trugen ihm, so ihre Bitte vor. Sie schritten ihm voraus, heißt es; es sollte eben den anderen nicht bekannt werden, was sie wünschten; und so brachten sie denn ihren Wunsch vor. Meiner Ansicht nach baten sie um den Vorsitz, weil sie gehört hatten: "Ihr werdet auf zwölf Thronen sitzen"3 . Sie waren sich wohl bewusst, vor den übrigen etwas voraus zu haben; nur den Petrus fürchteten sie noch; daher ihre Bitte: "Sprich, dass einer zu Deiner Rechten und einer zu Deiner Linken sitze"; mit einer gewissen Zudringlichkeit äußern sie ihr:"Sprich." Und Christus? Um ihnen zu zeigen, dass ihr Verlangen auf nichts Geistliches gerichtet sei, und dass sie es nicht gewagt hätten, eine solche Bitte zu stellen, wenn sie eingesehen hätten, worum sie baten, spricht er: "Ihr wisset nicht, um was ihr bittet", wie groß, wie wunderbar es ist, wie sehr es auch die himmlischen Kräfte übersteigt. Dann fährt er fort: "Könnt ihr den Kelch trinken, welchen ich trinke, oder mit der Taufe getauft werden, mit welcher ich mich taufen lasse?"4 Siehst du, wie rasch er sie von ihrem Begehren abbringt und von etwas ganz Entgegengesetztem mit ihnen spricht? Er will sagen: Ihr redet mit mir von Rang und Ehrenstellen, ich rede mit euch von Kampf und Mühen. Jetzt ist noch nicht die Zeit für Belohnungen, meine Herrlichkeit wird jetzt noch nicht offenbar; jetzt handelt es sich vielmehr um Tod und Kampf und Gefahren.

Beachte ferner, wie er sie auch durch die Art und Weise der Frage aufmuntert und anspornt. Er sagte nicht: Könnt ihr es ertragen, hingemordet zu werden? Seid ihr imstande, euer Blut zu vergießen? Sondern wie? "Könnt ihr den Kelch trinken?" und dann zu ihrer Ermutigung: "welchen ich trinken werde", um sie S. d940 bereitwilliger zu machen durch den Hinweis darauf, dass er es mit ihnen tun werde. Auch nennt er es eine Taufe, und deutet damit an, dass durch sein Leiden die ganze Welt gereinigt werden sollte. Sie erwiderten: "Wir können es." In ihrem Eifer machen sie sich sofort anheischig, ohne eigentlich zu wissen, was sie sagten; sie waren nur voll Erwartung, die Erhörung ihrer Bitte zu erlangen. Was antwortet nun Christus? Er sagte zu ihnen: "Meinen Kelch allerdings werdet ihr trinken, und mit der Taufe, mit der ich mich taufen lasse, werdet ihr getauft werden"5 . Wahrlich, große Gnaden weissagte er ihnen, nämlich: Ihr werdet des Martyriums gewürdigt werden, ihr dürft dasselbe leiden wie ich, das Leben durch Gewalt verlieren und hierin meine Gefährten sein.

V.23: "Das Sitzen aber zu meiner Rechten oder Linken euch zu geben steht nicht bei mir, sondern es kommt denjenigen zu, welchen es bereitet worden ist von meinem Vater."


  1. Mk 10,35-37 ↩

  2. Mk 10,33 ↩

  3. Mt 19,28 ↩

  4. Mk 10,38 ↩

  5. Mk 10,39 ↩

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