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Bibliothek der Kirchenväter
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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Einundsiebzigste Homilie. Kap. XXII, V.34-46.

2.

Da der Herr bald sein Leiden antreten sollte, so war es ganz weise, dass er die Weissagung anführte, die ihn klar als Herrn bezeichnet, doch nicht so ohne S. d1024 weiteres und ohne Veranlassung, sondern weil der Anlass dazu sehr günstig war. Nachdem sie nämlich auf seine Frage eine unrichtige Antwort gegeben hatten1 , stellt er ihre Ansicht richtig, indem er sich darauf beruft, dass David seine Gottheit bezeugt. Sie hielten ihn eben für einen bloßen Menschen; deshalb ihre Antwort: „Des David“. Er berichtigt es unter Hinweis auf das Zeugnis des Propheten, dass er der Herr ist, der wirkliche Sohn des Vaters, gleicher Ehre würdig wie der Vater. Allein auch damit ließ er es noch nicht bewenden, sondern sucht ihnen Furcht einzuflößen und führt daher auch die folgenden Worte an:

V.44: „Bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.“

Er will sie wenigstens damit überzeugen. Nun hätten sie aber einwenden können, David habe ihn nur aus Schmeichelei „Herrn“ genannt, und es sei auch nur die Meinung eines Menschen. Beachte daher, wie er sich ausdrückt:

V.43: Wie also nennt David ihn im Geiste „Herrn“?"

Siehe, wie behutsam er die rechte Ansicht über seine Person vorträgt. Zuerst fragte er: „Was glaubt ihr? Wessen Sohn ist er?", um sie durch die Frage auf die Antwort zu führen. Als sie ihm dann erwiderten: „Des David", sagte er nicht: Allein David spricht so und so, sondern wieder in Form einer Frage: „Wie also nennt David ihn im Geiste „Herrn“?" Er wollte sie nicht abstoßen; deshalb fragte er auch nicht: „Was haltet ihr von mir“, sondern: „von Christus“. Derselbe Grund bewog auch die Apostel, sich so behutsam auszudrücken: „Sei es denn gestattet, mit Freimut zu sprechen zu euch über den Erzvater David, nämlich dass er gestorben ist und begraben wurde“2 . So trägt auch Christus diese Lehre in Form einer Frage vor, um dann seine Schlussfolgerung daranzuknüpfen:

V.43: „Wie nennt ihn David im Geiste seinen Herrn, wenn er sagt:

S. d1025

V.44: Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Sitze zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache“?

und ferner:

V.45: „Wenn nun David ihn Herrn nennt, wie ist er sein Sohn?“

Damit wollte er nicht bestreiten, dass er Davids Sohn sei, durchaus nicht hatte er ja auch Petrus deshalb nicht getadelt, sondern er wollte nur die falsche Meinung der Juden berichtigen. Denn durch die Frage: „Wie ist er sein Sohn?“ sagt er: „Er ist sein Sohn, aber nicht so, wie ihr ihn dafür ansehet.“ Die Juden meinten nämlich, er sei bloß Davids Sohn, nicht aber auch sein Herr. Darum fährt er auch nach Anführung der Weissagung ruhig fort: „Wenn nun David ihn Herrn nennt, wie ist er sein Sohn?“ Trotz dieser Beweisführung geben sie keine Antwort; sie wollten eben nicht lernen, was ihnen not tat. Deshalb fügt Jesus selbst hinzu: „Er ist sein Herr.“ Indes, auch diese Worte spricht er nicht unumwunden aus, sondern unter Berufung auf den Propheten, weil sie ihm so wenig Glauben schenkten und ihn verdächtigten. Diesen Umstand muss man immer im Auge behalten, um nicht Anstoß zu nehmen, wenn der Herr von sich niedrig und demütig redet. Außer vielen anderen Gründen geschieht das deshalb, weil er im Gespräch mit den Juden ihrer Stimmung Rechnung trägt. Daher bedient er sich auch in unserem Falle der Fragen und Antworten, um seine Lehren vorzutragen. Aber auch unter dieser Hülle lässt er seine Würde durchblicken, denn es bedeutet nicht dasselbe, Herr der Juden oder Herr Davids zu heißen. Beachte ferner, wie Jesus die gebotene Gelegenheit ausnützt. An die Worte: „Es ist nur ein Herr“ knüpft er die Lehre, dass auch er Herr ist; und zwar weist er nicht mehr nur auf seine Werke hin, sondern beruft sich auch auf den Propheten. Er bedeutet ihnen, dass der Vater seinetwegen an ihnen Rache nimmt: „Bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache“, dass somit zwischen dem Sohne und dem Vater volle Gleichheit der Gesinnung und der Ehre bestehe. Damit schließt er sein Gespräch mit ihnen ab.

S. d1026 Es war eine erhabene und bedeutungsvolle Lehre, welche sie zum Schweigen bringen musste. Und sie hüllten sich auch wirklich von da an in Schweigen, allerdings nicht freiwillig, sondern weil sie nichts zu erwidern vermochten. Der Schlag, den sie erhalten hatten, war so kräftig, dass sie sich nicht noch einmal getrauten, ihn wieder anzugreifen.

V.46: „Niemand wagte es von jenem Tage an, ihn weiter zu befragen.“

Der Menge erwuchs daraus aber kein geringer Vorteil; denn nachdem der Herr die Wölfe vertrieben und ihre Anschläge zunichte gemacht, wandte er sich in seinen Reden wieder dem Volke zu. Die Pharisäer freilich zogen keinen Gewinn daraus, weil sie in der furchtbaren Leidenschaft der Ehrsucht ganz verstrickt waren. Furchtbar ist dieses Laster und vielköpfig; denn aus Ehrsucht streben die einen nach Herrschaft, andere nach Geld, andere nach Stärke. In der Folge geht sie sogar bis zum Almosengeben, Fasten, Gebet und Unterweisung; zahlreich in der Tat sind die Köpfe dieses Ungeheuers. Dass man sich auf andere Dinge etwas einbildet, ist kein Wunder; befremdlich dagegen und beklagenswert ist es, dass man sogar auf Fasten und Gebet stolz ist. Damit wir aber nicht wieder bloß tadeln, so wollen wir auch die Mittel angeben, um die Ehrsucht zu meiden. An wen sollen wir uns also zuerst wenden? An die, welche auf Geld oder auf Kleider, auf Ämter oder auf Lehrweisheit, auf Kunstfertigkeiten oder auf leibliche Vorzüge, auf Schönheit oder auf Schmuck, auf ihre Grausamkeit oder auf ihre Nächstenliebe und Wohltätigkeit, auf ihre Schlechtigkeit, oder auf ihr Lebensende, oder auf ihr Los nach dem Tode sich etwas einbilden? Denn, wie gesagt, diese Seelenkrankheit hat viele Verzweigungen und greift sogar über das Leben hinaus. Sagt man doch: Der oder jener Mann ist gestorben und hat, um Bewunderung zu finden, das und das vermacht; deswegen ist der eine auch reich und der andere arm. Darin liegt eben gerade das Schlimme, dass dieses Ungetüm aus Gegensätzen besteht.


  1. sie sagten, er sei ein bloßer Mensch ↩

  2. Apg 2,29 ↩

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