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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Neunte Homilie. Kap II, V.16-22.

6.

Welche Nachsicht verdienen wir also, wenn wir mit solcher Zähigkeit an den Schätzen hängen, die uns den Weg dahin versperren, sie nicht bloß in Schränken, sondern sogar in der Erde verbergen, während wir sie doch im Himmel hinterlegen können? Nun machst du es aber gerade so, wie wenn ein Landmann Weizen nimmt, den er auf fruchtbares Ackerland säen sollte, der aber seinen Acker stehen lässt und all den Weizen in eine Grube vergräbt, so dass er selbst keinen Nutzen davon hat, und auch der Same verdirbt und zugrunde geht. Was bringen sie aber da für lange Entschuldigungen vor, wenn wir ihnen diese Dinge vorhalten? Es ist keine kleine Beruhigung zu wissen, so sagen sie, dass man all das Seine in sicherem Gewahrsam hält. Im Gegenteil, nicht zu wissen, dass etwas hinterlegt ist, das ist ein Trost. Denn wenn du auch nicht gerade den Hunger S. 160fürchten musst, so musst du dafür ob dieses Schatzes andere viel schlimmere Dinge fürchten wie Tod, Krieg und Nachstellungen. Und wenn jemals eine Hungersnot ausbricht, so waffnet sich doch das Volk, vom Hunger getrieben, gegen dein Haus. Ja, wenn du so handelst, so bringst du nur um so eher Teuerung in die Städte, und beschwörst auf dein Haus eine noch viel ernstere Gefahr als bloß den Hunger. Ich wüsste nicht, dass schon jemand aus Hunger so leicht gestorben wäre. Man kann sich ja auf alle mögliche Weise gegen eine solche Gefahr vorsehen. Dagegen kann ich dir zeigen, dass ob ihrer Schätze und Reichtümer und dergleichen, schon viele ihr Leben eingebüßt haben, die einen heimlich, die anderen am hellen Tage. Von solchen Beispielen sind alle Wege voll, alle Gerichtssäle und öffentlichen Plätzen? Sogar das Meer kann man mit Blut gefüllt sehen. Denn nicht bloß auf fester Erde geschehen solche Gewalttaten, nein, auch auf dem Meere hielten sie ihren kecken Einzug. Der eine zieht übers Meer des Goldes wegen, der andere wird eben darum umgebracht. Die gleiche Leidenschaft macht den einen zum Kaufmann, den anderen zum Mörder. Was gäbe es also, das trügerischer wäre, als der Mammon, wenn man seinetwillen die Heimat verlässt, sich in Gefahren stürzt, ums Leben gebracht wird? Aber, sagst du: „Wer wird Mitleid mit dem Zauberer haben, den die Schlange gebissen“1 . Nun, wer die Gewalt dieser Leidenschaft kennt, der sollte ihre Knechtschaft fliehen, und sich frei machen von so verhängnisvoller Liebe. Doch, wie wäre das möglich? Dadurch, dass du die eine Liebe durch eine andere ersetzest, nämlich durch die Liebe zum Himmel. Wer ein ganzes Königreich erringen will, der spottet der Habsucht. Wer Christi Diener geworden, der soll kein Sklave des Mammons sein, sondern dessen Herr; denn wer ihn flieht, dem geht er nach; wer ihn verfolgt, den flieht er. Weit weniger ehrt er den, der ihm nachjagt, als den, der ihn verachtet. Niemandens spottet er so, als derer, die nach ihm verlangen; und S. 161er spottet ihrer nicht bloß, er legt ihnen auch unzählige Fesseln an. Machen wir uns also los von diesen furchtbaren Ketten, und sollte es auch schon spät sein. Was unterjochst du deine vernünftige Seele dem vernunftlosen Stoffe, dem Urheber tausendfachen Unglücks? Ja, wie lächerlich! Wir kämpfen gegen ihn mit Vernunftgründen, er streitet wider uns mit Taten, führt und treibt die Menschen überall umher und doch verachtet er sie wie Sklaven und faule Knechte! Gibt es wohl etwas Schimpflicheres und Beschämenderes als dies? Wenn wir uns nicht über seelenlose Materie überheben können, wie sollen wir geistige Gewalten bezwingen? Wenn wir wertlose Erde nicht verachten und weggeworfene Steine, wie sollen wir die Fürstentümer und die Gewalten2 unterjochen? Wie sollen wir Selbstbeherrschung üben? Wenn blinkendes Silber uns aus der Fassung bringt, wie sollen wir ein schönes Gesicht unbeachtet lassen? Sind ja doch manche so sehr dieser Leidenschaft ergeben, dass sie beim bloßen Anblick von Gold in Aufregung geraten, und sich dann noch den Scherz erlauben und sagen, der Schimmer eines Goldstückes tue den Augen wohl.

Aber scherze doch nicht mit solchen Dingen! Nichts schadet ja den Augen mehr, den leiblichen wie den geistigen, als dieser Hunger nach Gold. Diese verhängnisvolle Gier hat jenen3 Jungfrauen die Lampen ausgelöscht und ihnen den Bräutigam geraubt. Dieser Anblick, der den Augen so wohl tut, wie du sagst, hat den unglücklichen Judas die Stimme des Herrn nicht hören lassen, hat ihn zum Stricke geführt und ihn bersten lassen, und zu all dem ihn in die Hölle gestürzt. Was gäbe es also Schlimmeres, als solch einen Anblick? Was Schrecklicheres? Nicht von den Dingen an sich betrachtet rede ich, sondern von der unzeitigen, wahnwitzigen Begierde nach denselben. Denn diese trifft von Menschenblut, sinnt auf Mord und ist schlimmer als ein wildes Tier; sie zerreißt diejenigen, die ihr verfallen, und je schlimmer sie ist, um so weniger lässt sie es fühlen, wie sie die Menschen zerfleischt. Eigentlich sollten S. 162diejenigen, denen so etwas widerfährt ihre Hände ausstrecken nach denen, die vorübergehen und um Hilfe rufen; statt dessen sind sie sogar noch froh, dass sie gefangen wurden. Gibt es wohl etwas Erbärmlicheres als dies? Dies alles wollen wir also beherzigen, und wollen fliehen vor dieser unheilbaren Krankheit; suchen wir ihre Wunden zu heilen, und uns fern zu halten vor solcher Pest. Dann werden wir hienieden ein ruhiges ungestörtes Leben führen können, und doch auch der Schätze des Jenseits teilhaft werden durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem zugleich mit dem Vater und dem Heiligen Geist Ehre, Macht und Ruhm sei, jetzt und immer und in alle Ewigkeit. Amen!


  1. Eccl 12,13 ↩

  2. die gefallenen Engel ↩

  3. törichten ↩

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