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Himmlische Hierarchie (Edith Stein)
§ 2.
Diese Überlegung ist aber kein Einwand gegen das, was früher festgelegt wurde: Wir sagen nämlich, die letzten Ordnungen erreichen nicht die volle, überragende Kraft der früheren; einen Teil aber erlangen sie, je nach ihrer Fassungskraft, aufgrund der einen, alle zusammenfügenden und umschließenden Gemeinschaft. Z. B. die Ordnung der heiligen Cherubim hat Anteil an höherer Weisheit und Wissenschaft, die Chöre der ihnen untergeordneten Naturen sind gleichfalls im Besitz von Weisheit und Erkenntnis, aber freilich nur eines Teils, im Verhältnis zu ihrer Fassungskraft und niederen Ordnung. Und ganz allgemein ist allen gottähnlichen Geistern das Anteilhaben an Weisheit und Erkenntnis gemeinsam; aber ob beständig und unmittelbar, ob im ersten, zweiten oder niederen Grade, das ist nicht mehr gemeinsam, sondern so, wie es einem jeden nach seiner Fassungskraft zugeteilt ist. Wer das für alle göttlichen Geister feststellt, irrt keineswegs; denn wie die ersten in überragender Weise die Eigenschaften der niederen in sich tragen, so sind auch den letzten die der höheren eigen, aber nicht im gleichen, sondern in geringerem Grade. Es ist also, denke ich, nichts Ungereimtes, wenn die Theologie den Vorsteher unserer Ordnung Engel nennt, da er ja nach seinen Kräften im Lehren an der Eigentümlichkeit der Engel teilhat und, soweit es Menschen möglich ist, durch das Amt des Offenbarens Ähnlichkeit mit ihnen erlangt.
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Himmlische Hierarchie (BKV)
§ 2.
Antwort: 1) Das Niedere hat zwar nicht nach der ganzen Fülle am Höheren teil aber doch wegen der Kontinuität aller Ordnungen in entsprechendem Teilmaße. So z. B. ist die Weisheit und Erkenntnis der Cherubim in einem bestimmten abgeschwächten Grade auch den tieferen Chören eigen; irgendwie der Weisheit und Erkenntnis teilhaftig zu sein ist ein gemeinsamer Vorzug aller gottähnlichen Geister, aber der verschiedene Grad der Teilnahme entspricht der verschiedenen Aufnahmsfähigkeit. 2) Dieses Gesetz gilt von allen göttlichen, geistbegabten Wesen. Demnach nennt die heilige Schrift mit Recht unsern Bischof einen Engel, weil er an dem Berufe der Engel, das Göttliche zu deuten, teilnimmt und ähnlich wie sie eine verkündende Tätigkeit ausübt.
Die Benennung widerspricht meines Erachtens keineswegs den früher aufgestellten Sätzen. Wir sagen nämlich so. Die letzten (Glieder der Hierarchie) ermangeln allerdings der totalen und erhabenen Macht der vornehmeren Ordnungen, denn sie besitzen dieselbe nur in einem entsprechenden Teilmaße, sowie es die eine harmonische und alles verbindende Gemeinschaft bedingt. So z. B. hat der Chor der heiligen Cherubim an einer höhern Weisheit und Erkenntnis teil, die Ordnungen der ihnen nachstehenden Wesen dagegen nehmen zwar auch an der Weisheit und Erkenntnis Anteil, aber nur, im Vergleich zu jenen, in einem partiellen und abgeminderten Grade. Überhaupt ist Weisheit und Erkenntnis mitzubesitzen ein gemeinsames Gut aller intelligenten Wesen, die Gott ähnlich sind, aber unmittelbar und an erster Stelle, oder in zweitem und tieferstehendem Grade daran teilzunehmen, das ist nicht mehr gemeinsam, sondern verschieden, sowie es für einen jeden seitens des ihm eigenen entsprechenden Fassungsvermögens bestimmt ist. Dieses Gesetz dürfte man nun auch hinsichtlich aller göttlichen Geister ohne zu irren feststellen. Denn gleichwie die ersten die eigentümlichen heiligen Kräfte der letzten überschwenglich besitzen, so haben die letzten die Eigenschaften der ersten, allerdings nicht S. 63 in ähnlichem, wohl aber in untergeordnetem Grade. So ist es also, wie ich denke, nicht unpassend wenn die Offenbarung auch unsern Hierarchen „Engel“ heißt, da er ja entsprechend der ihm eigenen Macht an dem den Engeln zukommenden Berufe eines Deuters (der göttlichen Dinge) teil hat und, soweit es Menschen möglich ist, zu dem ihnen ähnlichen Range des Verkündigers erhoben wird.