§ 3.
Wenn aber jemand fragt, warum das jüdische Volk allein zu göttlichen Erleuchtungen erhoben worden sei, so ist zu antworten, daß keineswegs der richtigen Leitung der Engel der Abfall der übrigen Völker zu falschen Göttern zuzurechnen sei, sondern sie selbst sind durch eigene Regungen von dem rechten Weg, der zu Gott führte, abgewichen, durch ihre Eigenliebe und Hartnäckigkeit und durch die unsinnige Verehrung von Dingen, denen nach ihrer Meinung etwas Göttliches innewohnte. Daß dies auch beim hebräischen Volk Brauch wurde, wird uns folgendermaßen bestätigt: Die Erkenntnis Gottes hast du von dir gestoßen und bist nach deinem Herzen gewandelt. Denn wir haben kein Leben, dem Gewalt angetan oder eine Notwendigkeit auferlegt würde, und bei dem, was in Freiheit von der Vorsehung geleitet wird, werden die göttlichen Strahlen der Erleuchtung, die von der Vorsehung ausfließt, nicht verdunkelt, sondern die Unähnlichkeit der Geistesaugen macht es, daß die überreiche Erleuchtung der väterlichen Güte ganz vergeblich ist und wegen ihres der Geistesaugen Widerstandes nutzlos; oder die Teilnahme daran wird ungleich, klein oder groß, dunkel oder hell, während doch jener ursprüngliche, beständig sich ausbreitende Strahl einer und einfach ist und sich immer gleich verhält.
Es haben ja auch über die andern Völker (aus denen wir emporgetaucht sind und zu jenem unendlichen, überfließenden Meer göttlichen Lichtes gelangt, das für alle bereit liegt und ausgebreitet ist, um daran teilzuhaben) nicht fremde Götter die Herrschaft gehabt, sondern der eine Urgrund aller Dinge; und dahin sollten die Engel, die an die Spitze eines jeden Volkes gestellt sind, ihr Gefolge führen. Man betrachte nur Melchisedech, den Gott so teuren Priester, der nicht Priester der eitlen Götter, sondern des höchsten und wahren Gottes war: Denn die Theologen nennen Melchisedech nicht nur einfach Gottes Freund, sondern auch Priester, um so den Verständigen deutlich zu machen, daß er nicht nur selbst zum wahren Gott sich hingewendet habe, sondern auch andern Führer auf dem Weg zur wahren, einzigen, höchsten Gottheit gewesen sei.