Edition
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De Paenitentia
VII.
[1] Hucusque, Christe domine, de paenitentiae disciplina servis tuis dicere vel audire contingat, quousque etiam delinquere non oportet et audientibus: vel nihil iam de paenitentia noverint, nihil eius requirant. [2] Piget secundae, immo iam ultimae spei subtexere mentionem, ne retractantes de residuo auxilio paenitendi spatium adhuc delinquendi demonstrare videamur. [3] Absit ut aliquis ita interpretetur, quasi eo sibi etiamnunc pateat ad delinquendum, quia patet ad paenitendum, et redundantiam clementiae caelestis libidinem faciat humanae temeritatis! [4] Nemo idcirco deterior sit, quia dominus melior est, totiens delinquendo quotiens et ignoscitur: ceterum finem utique evadendi habebit, qui offendendi non habebit. Evasimus semel: hactenus periculosis nosmetipsos inferamus etsi iterum evasuri videmur. [5] Plerique naufragio liberati exinde repudium et navi et mari dicunt et dei beneficium, salutem suam scilicet, memoria periculi honorant. Laudo timorem, diligo verecundiam: nolunt iterum divinae misericordiae oneri esse, formidant videri inculcare quod consecuti sunt; bona certe sollicitudine iterum experiri devitant quod semel didicerunt timere. [6] Ita modus temeritatis testatio est timoris; timor autem hominis dei honor est.
[7] Sed enim pervicacissimus hostis ille numquam malitiae suae otium facit, atquin tunc maxime saevit cum hominem plene sentit liberatum, tunc plurimum accenditur cum extinguitur. [8] Doleat et ingemiscat necesse est venia peccatorum permissa tot in homine mortis opera diruta, tot titulos dominationis retro suae erasos. Dolet quod ipsum et angelos eius Christo servus ille peccator iudicaturus est. [9] Itaque observat obpugnat obsidet, si qua possit aut oculos concupiscentia carnali ferire aut animum inlecebris saecularibus inretire aut fidem terrenae potestatis formidine evertere aut a via certa perversis traditionibus detorquere; non scandalis, non temptationibus deficit. [10] Haec igitur venena eius providens deus clausana licet ignoscentiae ianuam et intinctionis sera obstructam aliquid adhuc permisit patere: conlocavit in vestibulo paenitentiam secundam, quae pulsantibus patefaciat, sed iam semel quia iam secundo, sed amplius numquam quia proxime frustra. [11] Non enim et hoc semel satis est? Habes quod iam non merebaris: amisisti enim quod acceperas. Si tibi indulgentia domini adcommodat, unde restituas quod amiseras, iterato beneficio gratus esto, nedum ampliato. [12] Maius [est] enim restituere quam dare, quoniam miserius est perdidisse quam omnino non accepisse. Verum non statim succidendus ac subruendus est animus desperatione, si secundae quis paenitentiae debitor fuerit. [13] Pigeat sane peccare rursus, sed rursus paenitere non pigeat; pudeat iterum periclitari, sed [non] iterum liberari neminem pudeat: iterandae valitudinis iteranda medicina est. [14] Gratus in dominum extiteris, si quod tibi denuo offert, non recusaveris. Offendisti sed reconciliari adhuc potes: habes cui satisfacias et quidem volentem!
Übersetzung
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Über die Busse (BKV)
7. Kap. Die Buße im engern Sinne. Der Teufel versucht ganz besonders die Neubekehrten. Gott hat nach der Taufe noch ein zweites Mittel der Wiederversöhnung gestattet.
s 238>Eigentlich sollten, Christus, o Herr, Deine Diener nur bis hierher von der Übung der Buße reden und reden hören; soweit wie sie auch als Hörende nicht mehr sündigen dürfen, sollten sie auch schon nichts mehr von Buße wissen wollen und nicht mehr über sie Auskunft verlangen. Nur mit Widerwillen lasse ich die Erwähnung der zweiten oder vielmehr bereits der letzten Hoffnung hier folgen, weil ich, indem ich von dem noch übrig bleibenden Rettungsmittel handle, in den Schein kommen kann, als wollte ich noch eine weitere Frist zum Sündigen zeigen. Gott behüte, daß es jemand so auslege, als wäre ihm auch jetzt noch der Weg zur Sünde frei, weil ihm der Weg zur Buße offen bleibt, und möchte die Überschwenglichkeit der Nachsicht Gottes nicht den Mutwillen der menschlichen Vermessenheit hervorrufen! Niemand soll darum schlecht sein, weil Gott gütig ist, oder so oft sündigen, als ihm verziehen wird.
Übrigens wird es mit dem Entkommen bald ein Ende haben, wenn es mit dem Sündigen kein Ende hat. Wir sind einmal glücklich entronnen; begeben wir uns nicht mehr in Gefahr, wenn wir uns auch schmeicheln dürfen, nochmals zu entkommen! Die meisten, welche aus einem Schiffbruche gerettet sind, sagen dem Meere und der Schiffahrt Lebewohl für immer und ehren dadurch die göttliche Wohltat ihrer Errettung, indem sie der Gefahr eingedenk bleiben. Ich finde ihre Furcht löblich und ihre Scheu gefällt mir. Denn sie wollen der göttlichen Barmherzigkeit nicht abermals zur Last fallen und fürchten den Schein, als träten sie die erlangte Gabe mit Füßen, Ihre Besorgnis, womit sie es meiden, mit dem, was sie einmal fürchten gelernt haben, nochmals Bekanntschaft zu machen, ist jedenfalls löblich. So ist das Ende ihrer Waghalsigkeit der Beweis ihrer Furcht. Furcht von Seiten des Menschen ist aber eine Ehre für Gott.
Allein unser so hartnäckiger Feind ruht mit seiner Bosheit niemals. Im Gegenteil, er wütet gerade dann am meisten, wenn er den Menschen vollständig entlastet sieht; dann wird er am heftigsten erregt, wenn seine S. 239Macht ausgelöscht ist. Er muß notwendig trauern und seufzen, wenn durch die erlangte Sündenvergebung so viele Werke des Todes im Menschen zerstört, so viele Schuldtitel von dessen früherer Verdammnis ausgelöscht sind. Er ist ärgerlich, weil der ehemalige Sünder, der jetzige Diener Christi, ihn und seine Engel richten wird. Daher beobachtet er ihn, bekämpft und umlauert ihn, ob er nicht auf irgend eine Weise imstande sei, seine Augen durch fleischliche Begierden zu fesseln, seinen Geist durch irdische Verlockungen zu fangen oder seinen Glauben durch die Furcht vor den Gewaltigen der Erde zu erschüttern. Er läßt es an Ärgernissen, an Versuchungen nicht fehlen.
Diese Nachstellungen hat Gott vorher gewußt und, nachdem die Tür des gänzlichen Vergessens geschlossen, der Riegel der Taufe vorgeschoben ist, etwas wenigstens doch noch offen gelassen. Er hat in der Vorhalle die zweite Buße aufgestellt, um den Anklopfenden die Tür zu öffnen, aber - nur noch einmal, weil es schon das zweite Mal ist; aber - nun nicht mehr, weil das nächste Mal schon vergebens. Ist nicht auch dieses eine Mal schon hinreichend? Es ist schon ein Grund vorhanden, warum du es eigentlich nicht mehr verdientest. Du hast nämlich verloren, was du empfangen hattest. Wenn dich die Nachsicht Gottes instand setzt, wieder zu erstatten, was du verloren hattest, so sei für diese wiederholte, noch mehr aber für diese verstärkte Wohltat dankbar. Denn Wiedergeben ist etwas Größeres als Geben, wie es beklagenswerter ist, zu verlieren, als gar nicht bekommen zu haben.
Man muß jedoch auch nicht sogleich den Mut durch Verzweiflung ertöten und betäuben, wenn einmal für jemand diese zweite Buße nötig geworden sein sollte. Es sollte uns allerdings verdrießen, zum zweiten Male zu sündigen; aber zum zweiten Male Buße zu tun, das sollte uns nicht verdrießen. Es sollte uns verdrießen, abermals in Gefahr zu kommen, aber nicht, abermals errettet zu werden. Niemand schäme sich dessen! Bei wiederholter Krankheit ist wiederholt Medizin nötig. Du wirst dich gegen den Herrn dankbar zeigen, wenn S. 240du, was dir der Herr anbietet, nicht verschmähest. Du hast ihn beleidigt; aber du kannst noch mit ihm ausgesöhnt werden. Du hast mit einem zu tun, der Genugtuung annimmt, und zwar gern.