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Über die Busse (BKV)
10. Kap. Man braucht sich derselben nicht zu schämen.
Viele fliehen oder verschieben diese Angelegenheit von einem Tage zum andern als eine Schaustellung ihrer selbst. Ich vermute, sie denken dabei mehr an die Beschämung als an ihr Heil, gleichwie Leute, welche sich eine Verletzung an weniger ehrbaren Stellen des Körpers zugezogen haben, dieselbe der Kenntnis der Ärzte verheimlichen und so mit ihrer Verschämtheit zugrunde gehen. Ja freilich, dem beleidigten Herrn genug zu tun, ist auch für das Ehrgefühl, und sich wieder herstellen zu lassen, das ist für das vergeudete Seelenheil etwas Unerträgliches, Wahrlich, das ist mir eine schöne S. 243Schamhaftigkeit - wenn es gilt, abzubitten, verbirgt man sein Antlitz, zum Sündigen erhebt man es frech! Ich aber gebe der Schamröte keinen Raum, da ich aus dem Fehlen derselben mehr Gewinn ziehe, und sie selbst den Menschen gleichsam aufmuntert: „Nimm auf mich keine Rücksicht, es ist mir besser, wenn ich um deinetwillen zugrunde gehe,“ Allerdings ist eine Gefährdung derselben beschwerlich, wenn sie durch Spötter mit Gelächter und Spottreden geschieht, wo der eine sich wegen des Falles des ändern erhebt, wo der Sturz des einen dem ändern zum Emporsteigen verhilft; dagegen unter Mitbrüdern und Mitknechten, wo Hoffnung, Furcht, Freude, Schmerz und Leiden gemeinsam sind, weil derselbe Geist von demselben Herrn und Vater allen gemein ist - warum wolltest du diese für etwas anderes als dich selbst halten? Warum fliehst du wie Spötter die, welche an deinen Unfällen Anteil nehmen? Ein Leib kann ja nicht froh sein bei der Plage eines seiner Glieder, er muß dann notwendig in seiner Ganzheit Schmerz empfinden und zur Genesung mitarbeiten. In dem einen wie in dem andern lebt ja die Kirche; die Kirche aber ist Christus. Wenn du dich also den Mitbrüdern zu Füßen wirfst, so umfassest du Christum und flehest Christum an. Umgekehrt, wenn jene über dich Tränen vergießen, so leidet Christus, so fleht Christus zum Vater. Mit Leichtigkeit wird stets erlangt, um was der Sohn bittet.
Freilich stellt die Verheimlichung des Fehlers einen gewaltigen Gewinn für das Ehrgefühl in Aussicht. - Ja, allerdings, wenn wir, sobald wir der menschlichen Kenntnis etwas vorenthalten haben, es ebenso auch vor Gott geheim halten könnten. Darf die Meinung des Menschen und das Wissen Gottes miteinander auf eine Stufe gestellt werden, oder ist es etwa gar besser, im geheimen verdammt als öffentlich losgesprochen zu werden? „Es ist aber etwas so jämmerliches, auf diese Weise zur Exomologese zu kommen!“ - Nein; durch die Sünde gerät man in Jämmerlichkeit; wo es sich um die Buße handelt, da ist von Jämmerlichkeit keine Rede, weil sie zum Heilmittel geworden ist. S. 244Jämmerlich ist es auch, sich schneiden, mit dem Brenneisen ausbrennen oder durch ein ätzendes Pulver peinigen zu lassen, allein bei den Heilmitteln, welche unter Schmerzen Heilung bewirken, dient der Vorteil der Heilung zur Entschädigung der verursachten Pein und die Annehmbarkeit des darnach folgenden Nutzens zur Empfehlung für die augenblickliche Unbilde.
Edition
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De Paenitentia
X.
[1] Plerosque tamen hoc opus ut publicationem sui aut suffugere aut de die in diem differre praesumo pudoris magis memores quam salutis, velut illi, qui in partibus verecundioribus corporis contracta vexatione conscientiam medentium vitant et ita cum erubescentia sua pereunt. [2] Intolerandum scilicet pudori domino offenso satisfacere, saluti prodactae reformari! Ne tu verecundia bonus, ad delinquendum expandens frontem, ad deprecandum vero subducens! [3] Ego rubori locum non facio, cum plus de detrimento eius adquiro, cum ipse hominem quodammodo exhortatur 'ne me respexeris', dicens, 'pro te mibi melius est perire'. [4] Certe periculum eius tunc, si forte, onerosum est, cum penes insultatores in risiloquio consistit, ubi de alterius ruina alter attollitur, ubi prostrato superscenditur; ceterum inter fratres atque conservos, ubi communis spes metus gaudium dolor passio, quia communis spiritus de communi domino et patre, quid tu hos aliud quam te opinaris? [5] Quid consortes casuum tuorum ut plausores fugis? Non potest corpus de unius membri vexatione laetum agere: condoleat universum et ad remedium conlaboret necesse est. [6] In uno et altero ecclesia est, ecclesia vero Christus: ergo, cum te ad fratrum genua protendis, Christum contrectas, Christum exoras; aeque illi cum super te lacrimas agunt, Christus patitur, Christus patrem deprecatur. Facile inpetratur semper quod filius postulat.
[7] Grande plane emolumentum verecundiae occultatio delicti pollicetur! Videlicet si quid humanae notitiae subduxerimus, proinde et dominum celabimus ? [8] Adeone existimatio hominum et dei conscientia comparantur ? An melius est damnatum latere quam palam absolvi? [9] 'Miserum est sic ad exomologesin pervenire'. Malo enim † amans si pervenitur; sed ubi paenitendum est, deserit miserum, quia factum est salutare. [10] Miserum est secari et cauterio exuri et pulveris alicuius mordacitate cruciari: tamen quae per insuavitatem medentur, et emolumento curationis offensam sui excusant et praesentem iniuriam superventurae utilitatis gratia commendant.