17. Cap. Die blosse Offenbarung der Thatsache seines Daseins seitens Gottes ohne vorausgehendes oder gleichzeitiges Schaffen würde für den Menschen nicht genügen.
Dadurch in die Enge getrieben, brechen sie in den Ruf aus: Es genügt als einziges Werk für unsern Gott, dass er in seiner höchsten vorzüglichen Güte, die allen Heuschrecken vorzuziehen ist,1 den Menschen erlöst hat. — Dieser Gott, dessen grösstes Werk einzig an dem Menschen des niedern Gottes aufgefunden werden kann, soll der grössere sein! Erst muss man doch seine Existenz durch Dinge beweisen, durch welche man überhaupt den Beweis der Existenz Gottes führt, nämlich durch seine Werke, dann durch seine Wohlthaten. Denn es fragt sich zunächst, ob er existiere, und dann erst, welches seine Eigenschaften seien. Das erstere wird aus seinen Werken, die letzteren werden aus seinen Wohlthaten erkannt werden. Die vorgebliche Erlösung des Menschen aber durch Gott ist kein Beweis für seine Existenz, sondern, wenn seine Existenz feststeht, dann erst kann man seine erlösende Thätigkeit behaupten, gesetzt, dass eine solche überhaupt feststeht; denn möglicherweise S. 150 könnte er ja auch existieren, ohne zu erlösen. Wie könnte es also statthaft sein, auf Grund der behaupteten Erlösung an seine Existenz zu glauben, da er ja ganz gut existieren konnte, ohne zu erlösen. Für jetzt also steht hinsichtlich dieses Punktes, der aus der Frage in betreff des unbekannten Gottes fliesst, nur folgendes hinlänglich fest: erstens, dass er nichts geschaffen habe, und zweitens, dass er hätte schaffen müssen, um aus seinen Werken erkannt zu werden. Denn wenn er existierte, musste er sich zu erkennen geben, und in jedem Falle wäre es eines Gottes unangemessen gewesen, sich vom Anbeginn an verborgen zu halten.
Ich muss nun notwendigerweise auf den Ursprung der Frage über den unbekannten Gott zurückkommen, um ihre ferneren Verzweigungen zu entdecken. Erstens nämlich muss man die Frage aufwerfen, wenn er sich später bekannt gab, warum geschah dies so spät und nicht von Anbeginn an? Im Interesse derer, welchen er in seiner Eigenschaft als Gott unentbehrlich war, und zwar je unentbehrlicher desto besser, durfte er gewiss nicht unbekannt bleiben. Man kann hier nicht zu der Ausrede greifen, es seien keine Anlässe und Ursachen, Gott kennen zu lernen, vorhanden gewesen. Denn erstens befand sich der Mensch von Anbeginn an in dieser Zeitlichkeit, wogegen er ihm nun erst zu Hülfe kommt, und zweitens existierte ebenfalls von Anbeginn an die Bosheit des Demiurgen, gegen welche ihm der gute Gott jetzt zu Hilfe kommt. Entweder kannte Gott also die Ursachen und Anlässe seiner so notwendigen Offenbarung noch nicht, oder er war noch nicht darüber im reinen, oder er war daran gehindert, oder er wollte nicht. Alle diese Annahmen sind Gottes unwürdig, namentlich des besten Gottes. Auch diesen Punkt werden wir anderwärts2 vollständig erledigen durch die Anklage, er habe sich zu spät geoffenbart; für jetzt den blossen Nachweis!