3. Cap. Gott ist das höchste Gut und dieses kann nur eines sein.
Die Hauptfrage und somit der ganze Streit dreht sich also um die Zahl, ob man, womöglich mit poetischer, künstlerischer und, was das dritte ist, mit häretischer Licenz zwei Götter aufstellen dürfe. Allein die christliche Wahrheit hat den bündigen Ausspruch gethan: Wenn Gott nicht einer ist, so gibt es gar keinen; denn es ist passender, anzunehmen, es existiere gar nicht, was nicht so ist, wie es sein soll. Um aber einzusehen, dass Gott nur einer sein kann, untersuche man, was Gott sei, und man wird es nicht anders finden. Was die menschliche Schwäche von Gott mit Bestimmtheit auszusagen vermag, das sage ich aus, und das allgemeine Bewusstsein wird dem zustimmen: Gott ist die höchste Grösse,1 S. 133 die in der Ewigkeit gegründet, ungeboren, ungeschaffen, ohne Anfang und ohne Ende ist. Denn dieser Zustand gehört sich für die Ewigkeit, welch letztere Gott zum höchsten Gute macht, indem sie, wie auch die übrigen genannten Eigenschaften, eben darum in Gott ist, damit Gott die höchste Grösse sei, sowohl hinsichtlich der Form, als auch des Wesens, der Macht und des Könnens.
Darüber sind alle einig; denn es wird wohl niemand in Abrede stellen, Gott sei die höchste Grösse, ausser wer ihn etwa für das Gegenteil, für die niedrigste Beschränktheit ausgibt und ihn so eigentlich leugnet, indem er ihm die göttlichen Eigenschaften nimmt. Es fragt sich nun, wie wird das höchste Gut beschaffen sein? Offenbar so, dass ihm nichts gleichkommt, d. h. so, dass es kein anderes höchstes Gut mehr gibt; denn wenn das wäre, so würde dieses ihm gleich stehen, und wenn es ihm gleichstände, so wäre er nicht mehr das höchste Gut, indem Bedingung und Gesetz umgestossen ist, wonach es sich verbietet, dem höchsten Wesen etwas gleich zu stellen. Was also als höchste Grösse gelten soll, das muss einzig dastehen und seines gleichen nicht haben, um nicht aufzuhören, das höchste Wesen zu sein. Folglich wird es nichts anderes sein können, als das, wodurch es sein Sein empfängt, nämlich durchaus einzig. Da Gott also das höchste Wesen ist, so hat unsere christliche Wahrheit mit Recht erklärt: Wenn Gott nicht einer ist, so gibt es gar keinen. Nicht als ob wir zweifelten am Dasein Gottes, wenn wir sagen: Wenn er nicht einer ist, so existiert er nicht, sondern wir sagen so, weil wir den, von welchem wir glauben, dass er existiere, für das ausgeben, ohne welches er nicht das sein kann, was er ist, nämlich die höchste Grösse.
Nun muss aber das höchste Gut ein einziges sein. Folglich wird auch Gott nur ein einziger sein, da er sonst, ausser als die höchste Grösse, nicht Gott ist; höchste Grösse wird er aber nur dann sein, wenn er seines gleichen nicht hat, und seines gleichen wird er nur dann nicht haben, wenn er der einzige ist. Wen man auch immer als zweiten Gott hinstellen mag, man wird sicherlich seine Gottheit nur in der Weise behaupten können, dass man ihm die Eigentümlichkeiten der Gottheit zuschreibt, wie die Ewigkeit, so auch, dass er das höchste Gut sei. Wie sollen also zwei höchste Grössen zusammen bestehen können, da die höchste Grösse eben darin besteht, nicht seines gleichen zu haben? Nicht seines gleichen zu haben, aber kommt nur einem Einzigen zu und kann sich an zweien durchaus nicht finden.
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Summum magnum höchstes Gut, höchste Grösse drückt sich Tertullian aus. ↩