Text.
Sixtus, der Bischof, (sendet) Cyrillus, dem Bischof von Alexandrien, (seinen Gruß).
1. Wir wurden mit großer und lebhafter Freude er- S. 561 füllt, nachdem uns, wie wir lasen, der Aufgang aus der Höhe heimgesucht hat.1 Denn da wir noch in Kummer waren, weil wir wollen, daß Keiner verloren gehe. zeigte uns deine Heiligkeit brieflich an, daß der Leib der Kirche wieder in seiner Unversehrtheit hergestellt sei. Indem sich nemlich alle Glieder wieder an einander fügen, sehen wir, daß Niemand mehr draussen umherirre, weil der eine Glaube Zeuge ist, daß sich Alle innerhalb (des Leibes der Kirche) befinden. Wir freuen uns, daß der Urheber dieses Werkes2 aus unserer Mitte entfernt ist; er sieht nun, daß ihm allein, weil er nicht glaubte, seine Gesinnung geschadet habe, er, der sich gegen Den auflehnte, welcher, wie wir bekennen, Allen zum Heile war.3
2. Doch es ziemt sich, vom Traurigen zum Erfreulichen überzugehen, weil Derjenige selbst, gegen den sich die Frage erhob, die Trauer von der gesammten Kirche hinwegnahm und uns eine Zeit der Freuden schenkte. Christus endlich, unser Gott, zeigte, wie wahrhaft es seine Angelegenheit sei, da er sich würdigte, die Dinge so zu leiten, daß er die Anzeige einer so erhabenen und wichtigen Sache der Versammlung seiner Bischöfe aufbewahrte. Oft verhandelten die Apostel in einmüthiger Versammlung über den Glauben; nun treten apostolische Männer zusammen und erfreuen sich über den Sieg desselben. O Bericht, würdig des Absenders, würdig der Versammlung. Die Anzeige himmlischer Freude mußte solche Vertreter4 haben. Weil es die Sache erfordert, geziemt es sich, den Ort nicht zu verschweigen.
3. Alle Brüder waren bei dem heiligen Apostel Petrus S. 562 versammelt; seht, ein Versammlungsort passend für die Zuhörer, entsprechend Dem, was gehört werden sollte. Die Mitbischöfe hatten Den zum Zeugen der gemeinsamen Freude, welchen wir als Anfang unserer Würde haben;5 denn er selbst führte, wie wir glauben müssen, auf der heiligen und ehrwürdigen Synode, welche mein Geburtsfest6 um mich versammelt hatte, den Vorsitz, da er sicherlich weder dem Geiste noch dem Leibe nach abwesend war. Er wohnte dem Siege bei, da er bei dem Kampfe nicht fehlte; er unterstützte die Gebete unserer Seelen, da er sah, daß das von den Aposteln zuerst gelehrte Glaubensbekenntniß7 entstellt wird; er ließ nicht zu, daß sich das gottlose Haupt8 , eines Trostes erfreue und die Reinheit jener Quelle durch einen schmutzigen Wirbel gestört werde. Zu uns kehrten die Brüder zurück, zu uns, sage ich, die wir die Krankheit mit gemeinschaftlichem Eifer verfolgten und für die Heilung der Seelen sorgten.
4. Nicht euerem Verbannten hatte sich unser heiliger S. 563 Bruder Johannes angeschlossen, noch ließ er sich durch seine gotteslästerliche Lehre täuschen, denn, wie es nun der Ausgang zeigt, er verzögerte (nur) sein Urtheil, verwehrte es (aber) nicht. Wie sollte er auch gegen den Erfinder der Übel ein anderes Urtheil fällen können, als was Derjenige selbst, um dessen Sache es sich handelte, hatte, wie es sich durch seine Bischöfe erwies?9 Er hatte nemlich über den Ausreisser aus unserem Lager Das beschlossen, was nach seinem Unglauben die Führer des Glaubens über ihn verhängen mußten. Niemals hätte er sich von unserer Zahl getrennt, zu welcher er auch wiederkehren konnte.
5. Frohlocke, theuerster Bruder, frohlocke als Sieger, da sich die Brüder wieder mit uns vereinigten! Die Kirche suchte Die, welche sie aufnahm. Denn wenn wir schon wollen, daß keines von den Kleinen verloren gehe, um wie viel größer muß unsere Freude über die Genesung der Vorsteher sein. Wir lesen, welch‘ große Freude das eine zurückgebrachte Schaf verursachte, und daraus kann man ermessen, welches Lob es verdient, so große Hirten zurückgerufen zu haben. Die Heerden werden in den Einzelnen10 betrachtet und handelt es sich hier nicht um die Angelegenheiten eines Einzigen, so oft die Genesung Vieler in Frage steht. Wir freuen uns, hierin nichts Voreiliges gethan zu S. 564 haben,11 da wir uns der Frucht unseres Ausspruchs freuen. Wir ertrugen die Brüder, weil wir sicher waren, daß sie nicht Disteln, sondern Trauben bringen würden.12 Offenbar ist unsere freudenvolle Weinlese, welche unsere heilige Synode mit reichlicher Freude erfüllte. Jener besorgte seinen Weinberg, von welchem der Prophet David13 bezeugt, daß er in der Bewachung des Hauses Israel weder schlafe noch schlummere. Jene unfruchtbare Rebe für unseren Christus, weil sie keine Frucht bringt, verzehrte die Flamme.14 Wie wir aber sehen, daß Dieß dem Verdammten gebühre, so sagen wir auch treffend von den zu uns zurückgekehrten Brüdern, daß jene Pflanzung vom Teufel nicht ausgerottet werden konnte, welche der Vater gepflanzt hatte. 15 Jenen also nahm das ewige Feuer, Diese der Weinberg des ewigen Eigenthümers so sehr für sich in Besitz, daß wir uns darüber freuen, daß der Bischof der antiochenischen Kirche von deiner Heiligkeit nunmehr ein ehrwürdiger Mann und Herr genannt wird.16 Und mit Recht wird Der Herr genannt, welcher den gemeinsamen Herrn erkannte, welcher das Geheimniß seiner Menschwerdung mit dem katholischen Worte17 zugleich mit uns bekennt.
6. Es war gut, daß uns deine Brüderlichkeit die in dieser Angelegenheit vorgekommenen Ereignisse in Kürze S. 565 mittheilte; allein wir staunten nicht, zu lesen, daß von Denen, welche nicht zustimmten, das ungerechte Urtheil der Absetzung gegen dich ergangen ist. Wir wissen, daß die Wahrheit häufig Beschimpfungen ausgesetzt ist, daß sie aber nie durch die Falschheit überwunden werden könne. Erwünscht sind stets Beschwerden dem Glaubensboten. Denen nemlich wird nebst der Seligkeit ein reichlicher Lohn im Himmel bereitet, welche um der Gerechtigkeit willen Schmähungen, Verfolgungen und alles Übel erdulden müssen. 18 Du ertrugst die Falschheit, damit du der Wahrheit den Sieg verschaffest, und deßhalb dürfen wir jetzt der Falschheit spotten, weil für die Wahrheit Niemand verloren gehen konnte.
7. Wir erwarten also die Kleriker unseres genannten Bruders Johannes und wünschen ihre Ankunft; wir wissen (ihnen) eine deiner Ehre und deiner Arbeit entsprechende Antwort zu geben. Du bist, wie wir Dieß unserem Bruder und Mitbischof Maximianus schon öfter schrieben,19 selbst nicht schwer zu bewegen, den Zurückkehrenden die Thür zu öffnen, so daß in Wahrheit Niemand verloren ist ausser dem verlorenen Sohne und dessen Trauer größer sein muß, weil er allein die Ausschließung verdiente. Dieß schreibt an deine Ehrwürdigkeit die heilige Brüderschaft zugleich mit mir, indem sie deine Arbeiten durchaus billigt und bestätigt, welche jedoch nicht beschwerlich oder bitter sein konnten, weil sie Dem gewidmet wurden, dessen leichte Bürde und süßes Joch wir tragen. Gegeben am 17. September unter dem 13. Consulate desTheodosius und dem des Maximus. 20 Matth. 5,11 u. 12. Von den hier angedeuteten mehreren Briefen des Papstes an Bischof Maximianus besitzen wir nur einen, nenrlich den oben S. 538 unter Num. 1 angeführten. D. i. i. J. 433. (Coustant übersetzte hier und im folgenden Briefe: XV. Kal. Octobris unrichtig mit 15. Sept.) S. 566
S. Luk. 1, 78; eine Anspielung auf Johannes von Antiochien, welche Kirche vorzugsweise der Oriens genannt wurde. ↩
D. i. Nestorius. ↩
Christus nemlich. ↩
Cognitores; zu ergänzen: des Glaubens, der Sache Christi. ↩
Ähnlich drückt sich P. Siricius in seinem 5. Briefe an die Bischöfe Africas (s. Papstbriefe II. S. 432) aus, wo er sagt: Als wir Brüder sehr zahlreich bei den Reliquien des heiligen Apostels Petrus, durch welchen der Apostolat und Episcopat in Christus seinen anfang genommen, versammelt waren u. s. w. ↩
Nicht das Ieibliche, sondern das Consecratiosfest, der Tag, an welchem er gleichsam der Kirche von Rom geboren wurde; auch Anastasius I. nannte den Jahrestag seiner Consecration seinen Geburtstag und lud zur Feier desselben die Bischöfe ein (s. Papstbriefe II. S. 509); P. Leo I. hielt an diesen Tagen viele Reden, in welchen er sich gleichfalls dieses Ausdrucks bediente (s. z. B. den Schluß der 3. Rede). ↩
S. hierüber oben S. 433 Note 4 zu n. 4 des 13. Briefes des P. Cölestinus I. an Nestorius. ↩
Wohl absichtlich meidet es der Papst, den Namen des Nestorius zu nennen, weIchen er bald inventor malorum, bald nefandum caput, desertor castrorum nostrum etc. nennt. ↩
D. h. Johannes konnte kein anderes Urtheil fällen, als welches Christus selbst durch den Mund der auf der ephesinischen Synode versammelten Bischöfe fällte. Daß Johannes trotz seiner Parteinahme für Nestorius doch kein Nestorianer war, erhellt aus dem Schreiben, in welchem er den Nestorius noch vor der Synode ermahnte, den Aufdruck „Gottesgebärerin“ anzunehmen; ferner daraus, daß er den Nestorius nur so lange unterstüzte, als Dieser ihn im Glauben erhalten konnte, er vertheidige die kirchIiche Lehre gegen Arianismus und Apollinarismus, und er auch meinte, daß Cyrillus diese Häresien erneuern wolle. ↩
D. h. in den einzelnen zurückgekehrten Hirten sehen wir zugleich die mit ihnen zurückgekehrten Heerden. ↩
Gegen Johannes von Antiochien, gegen den der Papst stets zur Milde und Schonung mahnte. ↩
Matth. 7, I6 ↩
Ps. 120, 4. ↩
Joh. 15, 6. ↩
Matth. 15, 13. ↩
Der Papst freut sich dieser Ansprache, weil darin ein Beweis der wiederaufgenommenen Freundschaft und Gemeinschaft liegt; zugleich ist diese Stelle bemerkenswerth, weil hier zum erstenmale der im Deutschen nicht recht wiederzugebende Ausdruck domnus für Menschen im Gegensatz zu dominus für Christzs gebraucht ist. ↩
Nämlich: Gottesgebärerin. ↩
