Einleitung und Inhalt.
Nach Anlaß und Zweck hängt dieses Schreiben mit den drei vorhergehenden zusammen. Indem nemlich der Papst den illyrischen Bischöfen die Erwählung des Bischofs Anastasius von Thessalonich zum apostolischen Vicar über Illyricum anzeigt, erinnert er sie, daß die Jenem hiemit übertragene Vollmacht keine neue, sondern eine schon von Alters her bestehende sei, welcher sich die Bischöfe Illyricums willig unterwerfen sollen; im Weiteren erklärt der Papst die Machtbefugnisse des apostolischen Vicars, welche durch die Beschlüsse der orientalischen Synode durchaus nicht beeinträchtigt oder aufgehoben werden können. Hatte also der Papst im vorhergehenden Briefe den Bischof Proclus von Constantinopel ermahnt, daß er die Unbotmäßigkeit der illyrischen Bischöfe gegen den apostolischen Vicar durch seine Connivenz nicht unterstützen, sondern vielmehr durch energisches Entgegentreten vereiteln und unterdrücken solle, so belehrt er im gegenwärtigen Schreiben die Bischöfe Illyricums, daß, was die orientalische Synode ausser ihren in Übereinstimmung mit dem apostolischen Stuhle getroffenen Glaubensentscheidungen anzuordnen versuchte, überhaupt und daher auch für sie keine Verbindlichkeit habe. Daß unter der orientalischen Synode die zweite ökumenische Synode zu Constantinopel vom J. 381 zu verstehen sei S. 580 und insbesondere unter den hier angezogenen Beschlüssen, welche den Glauben nicht betreffen und ungiltig sind, der 3. Canon jener Synode, welcher sagt: „Der Bischof von Constantinopel soll den Vorrang der Ehre haben (gleich) nach dem Bischofe Roms, weil jene Stadt Neu-Rom ist,„ unterliegt keinem Zweifel. Coustant meint zwar, der Papst deute mit jenen Worten auf eine von Proclus selbst gehaltene Synode hin, welche Bischof Theodoretus von Cyrus im 86. Briefe1 an Flavianus, den Nachfolger des Proclus auf dem bischöflichen Stuhle in Constantinopel, erwähne; allein kein Wort jenes Briefes berechtigt uns zu der Annahme, es sei auf der von Proclus gehaltenen Synode auch von Glaubensangelegenheiten gehandelt worden, vielmehr besagen die bezüglichen Worte, daß der Inhalt der Verhandlungen und des Synodalschreibens in Übereinstimmung mit den „Regeln der heiligen Väter“ disciplinäre AngeIegenheiten betroffen, insbesondere die Machtstellung der großen Bischöfe des Morgenlandes, wie sie auf dem Concil zu Constantinopel v. J. 381 im 2. und 3. Canon umschrieben worden war.
Op. B. Theodoreti Ep. Syr. ed. Sirmond, t. III. p. 862. ↩
