Text.
Den geliebtesten Brüdern, allen in Illyricum befindlichen Bischöfen, (sendet) Sixtus (seinen Gruß).
1. Der Lehrer der Völker, das Gefäß der Auserwählung, das stärkste Fundament unserer Religion, bezeugt in allen Briefen, welche er an die Kirchen der einzelnen Städte schreibt, seine Freude in Gott darüber, daß er zu Jenen mit voller Zuversicht seines Geistes rede, von welchen er sieht, daß sie den Vorschriften des Gesetzes gehorchen und in der Furcht unseres Gottes wandeln. Wenn es nun dem ebenso gelehrten als heiligen Apostel so große Freude bereitet, daß er die in einem Briefe (Angeredeten) für so S. 581 Viele hält, weil er weiß, daß es sowohl Denen, an welche er schreibt, als auch der Religion zum Vortheile gereicht, welch' große Freude glaubt ihr daß wir haben, da es uns gegönnt ist, das Concil1 euerer Heiligkeit in Gemeinschaft anzusprechen und unser Wort, welches ein Beweis unserer frommen Zuneigung zu euch ist, mit euerer Heiligkeit auszutauschen? Jener nemlich verkehrt, wie wir sagten, in seinen Briefen mit einzelnen Kirchen, wir aber glauben mit unserem Schreiben so viele Kirchen anzureden, als ihr euch zur heiligen Synode versammelt. Jener redet zu Ungebildeten und Schülern, wir zu Amtsgenossen und Gelehrten. Und um von dem Beispiele des seligsten Paulus, dessen Vorschriften ihr ganz besonders gehorchen sollet, nicht abzuweichen, sei es euch nicht lästig, wegen des zu unserer Kenntniß Gelangten gleichwie Anwesende ermahnt zu werden, daß die kirchliche Disciplin bewahrt werde. Deßhalb verhandeln wir mit euch über Das, was, wie wir wissen, zur Beobachtung der Regeln und Canones dient, nach unserer Sorgfalt durch die Vermittlung unseres Sohnes, des Priesters Artemius, dessen Wirksamkeit uns ebenso gefiel wie seine Mäßigung und Liebe, damit die von den Vätern überlieferte Richtschnur von euerer Liebe unverrückt festgehalten und, was von uns um der Ruhe der Kirchen willen beachtet worden, gewahrt werde.
2. Alle illyrischen Kirchen gehören nun, wie wir es von unseren Vorfahren überkommen und auch selbst gehalten haben, der Obsorge des Bischofs von Thessalonich an, so daß er durch seine Sorgfalt die unter den Brüdern sich etwa ergebenden Verhandlungen, wie es gewöhnlich vorkommt, untersucht und entscheidet und, was von den einzelnen Bischöfen verhandelt wird, an ihn berichtet wird. Es komme S. 582 ein Concil zusammen, so oft es Anlaß dazu giebt, so Jener es nach Maßgabe der auftauchenden Bedürfnisse entscheidet, damit der apostolische Stuhl nach von ihm empfangenem Berichte die geschehenen Verhandlungen mit Recht bestätige. Keiner von euch soll, wenn er aufgefordert wurde zu kommen, sich darüber hinwegsetzen noch der heiligen Versammlung, zu der er eilen soll, sich entziehen. Man suche nicht aus Widerspenstigkeit nach einer Ausrede, so daß, indem ihr gleichmäßig euch versammelt, gemeinsam festgesetzt werden kann, sowohl was die Ruhe der Kirchen wahrt als auch die Gläubigen zum Heile leitet.
4. Glaubt auch nicht, theuerste Brüder, daß ihr durch jene Anordnungen gebunden seid, welche ohne unsern Befehl die orientalische Synode treffen wollte, nebst dem nemlich, was sie über den Glauben in Übereinstimmung mit uns entschied. Keiner von euch weiche von den Vorschriften der Canones ab noch von Dem, was der Ordnung der Regeln gemäß die häufig an euch gerichtete Anordnung des apostolischen Stuhles entschied. Wäre etwa unter den Brüdern irgend Etwas aufgekommen oder irgend einem Bruder eine Klage anhängig gemacht worden, so soll die sich ergebende Angelegenheit entweder dort durch unsern Bruder und Mitbischof Anastasius als Richter entschieden werden, welcher, wie man ersieht, gleich seinem Vorgänger Rufus seligen Andenkens, die Stelle des apostolischen Stuhles kraft unseres Willens vertritt, oder, wenn die Entscheidung dort nicht getroffen werden kann, so soll die Untersuchung an uns gelangen, jedoch mit einem Begleitschreiben, worin Dieser die ganze Sache, um die es sich handelt, darstellt.
4. Es giebt keinen Körper, der nicht durch das Haupt regiert würde. Ihr seid zwar, wie wir wissen, heilige Glieder, allein es ziemt sich, daß ihr euer Haupt achtet und ehret, weil die dem Haupte erwiesene Ehre zur Hoffnung der ganzen Heiligkeit gereicht; auch beobachtet (das Haupt) seinen Körper mit sorgfältigen Blicken, was ihm angemessen S. 583 und seinen zu Allem tüchtigen Dienstleistungen entsprechend erscheint. Wie aber der Leib durch das Haupt regiert wird, so verliert auch das Haupt selbst, wenn es nicht durch seinen Leib aufrecht erhalten wird, Festigkeit und Kraft und behält die Würde nicht, die es besessen. Seid also, wie es sich für Bischöfe des Herrn geziemt, Leiter der Kirchen, Lehrer unserer Religion. Erweiset unserem Bruder und Mitbischof die ihm schuldige Ehrfurcht und bewahret unter euch Frieden und Eintracht. Es sei in euch, wie wir es glauben, ein Herz und eine Seele.2 Glaubt auch nicht, daß euch entzogen wird, was immer an Ehrfurcht wir von euerer Liebe gegen Jenen beobachtet und erwiesen haben wollen, welchem nach dem Willen unserer Vorfahren und nach dem unsrigen der überlieferten Sitte gemäß die illyrischen Kirchen zugehören. Gegeben am 18. December unter dem 2. Consulate des Aetius und dem des Segisvultus.3
