• Accueil
  • Œuvres
  • Introduction Instructions Collaboration Sponsors / Collaborateurs Copyrights Contact Mentions légales
Bibliothek der Kirchenväter
Recherche
DE EN FR
Œuvres Grégoire Ier, pape (540-604) Regula pastoralis Buch der Pastoralregel (BKV)
Dritter Teil: Wie der Seelsorger, der ein gutes Leben führt, seine Untergebenen lehren und ermahnen muß

IV. Kapitel: Wie Untergebene und wie Vorgesetzte zu ermahnen sind

Anders sind Untergebene, anders Vorgesetzte zu ermahnen. Jene darf ihre untergebene Stellung nicht mutlos, diese ihr Vorrang nicht übermütig machen. Jene sollen alle Befehle ausführen, diese sollen nicht über Gebühr viel befehlen. Jene sollen sich demütig unterwerfen, diese Maß halten im Herrschen. Jenen ist gesagt, was auch bildlich genommen werden kann: „Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn!“,1 diesen aber wird befohlen: „Und ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorne!“2 Jene sollen lernen, wie sie vor den Augen des verborgenen Richters sich innerlich wohlverhalten sollen, diese, wie sie auch äußerlich den ihnen Anvertrauten das Beispiel eines guten Lebens geben sollen.

Die Vorgesetzten müssen also wissen, daß sie, wofern sie je etwas Böses tun, sich so oft des Todes schuldig machen, als sie ihren Untergebenen ein böses Beispiel geben. Um so sorgfältiger müssen sie sich daher vor jeder Schuld hüten, da sie durch das Böse, das sie tun, nicht nur sich selbst den Tod zuziehen, sondern auch die Schuld für andere Seelen auf sich laden, die sie durch ihr böses Beispiel ins Verderben stürzen. Darum sind die Untergebenen zu ermahnen, damit sie nicht strenge Strafe treffe, wenn sie nicht einmal für ihre eigene Person als schuldlos erkannt werden können, die Vorgesetzten aber, auf daß sie nicht wegen der Fehler ihrer Untergebenen gerichtet werden, selbst wenn sie über sich selbst ruhig sein könnten; jene, damit sie um so größere Sorgfalt auf ihr eigenes Leben verwenden, als sie mit Sorgen für andere nicht belastet sind, diese aber, damit sie sich zwar der anderen annehmen, aber ihr eigenes Heil nicht vernachlässigen und damit sie in glühendem Eifer für ihr eigenes Seelenheil sorgen, ohne in der S. 138 Wachsamkeit über die ihnen Anvertrauten nachzulassen. Jenem, der für sich selbst allein sorgen kann, ist gesagt: „Gehe zur Ameise hin, Fauler, und siehe ihre Wege an und lerne Weisheit!“3 An diesen aber ist das furchtbar ernste Wort gerichtet: „Mein Sohn, hast du dich für deinen Freund verbürgt, hast du einem Fremden deinen Handschlag gegeben, so bist du durch die Worte deines eigenen Mundes gebunden und gehalten durch dein eigenes Versprechen.“4 Bürgschaft leisten für einen Freund heißt die Gefahr für das Verhalten einer fremden Seele auf sich nehmen. Einem Fremden hat man daher die Hand gegeben, weil der Geist sich in der Übernahme einer Sorge, die vorher nicht da war, bindet. Durch seine eigenen Worte ist er jetzt gebunden und in seiner eigenen Rede festgelegt, weil er durch die Pflicht, den ihm Anvertrauten Gutes zu sagen, gehalten ist, das Gesagte selbst erst zu beobachten. Gebunden ist er durch sein eigenes Wort, weil er nun selbstverständlich gezwungen ist, sich in seinem Leben keine größere Freiheit zu gestatten, als mit seinen Ermahnungen vereinbar ist. Deshalb ist er vor dem strengen Richter genötigt, so viel auch selbst zu leisten, als er nach seinen Worten andern aufgetragen hat. Darum folgt an jener Stelle gleich die Mahnung: „Tue denn, was ich dir sage, mein Sohn, und mache dich frei; denn du bist in die Gewalt deines Nächsten geraten; eile, wecke deinen Freund auf! Gönne deinen Augen keinen Schlaf, noch laß deine Augenlider schlummern!“5 Denn wer andern als ein Muster und Vorbild für ihr Leben aufgestellt wird, dem gilt die Mahnung, nicht nur selbst zu wachen, sondern auch den Freund aufzuwecken. Denn es genügt für ihn nicht, selbst durch ein gutes Leben zu wachen, wenn er nicht auch den, dessen Vorgesetzter er ist, aus dem Sündenschlaf aufrüttelt. Mit Recht heißt es deshalb: „Gönne deinen Augen keinen Schlaf, noch laß deine Augenlider schlummern!“ Schlaf gönnt man den Augen, wenn man S. 139 in der Aufmerksamkeit nachläßt und in der Sorge für die Untergebenen gänzlich erlahmt. Die Augenlider schlummern, wenn unsere Gedanken unter dem Druck der Trägheit das nicht weiter beachten, was sie doch als tadelnswert an den Untergebenen erkennen. Vollends schlafen aber heißt die Fehler der Untergebenen weder sehen noch sie verbessern. Zwar noch nicht schlafen, aber schläfrig sein muß man es nennen, wenn man zwar sieht, was zu tadeln wäre, aber aus geistigem Überdruß es doch nicht entsprechend tadelt. Das schläfrige Auge aber verfällt in vollen Schlaf, das heißt, der Vorgesetzte kommt, wenn er die erkannten Fehler nicht beseitigt, zuletzt mit Recht noch so weit in seiner Nachlässigkeit, daß er die Fehler seiner Untergebenen überhaupt nicht mehr sieht.

Deshalb sind die Vorgesetzten zu ermahnen, sich umzusehen und sowohl nach innen als nach außen ringsum wachsame Augen zu haben und wie die himmlischen Tiergestalten zu werden. Es wird uns nämlich geschildert, daß sie innen und außen ringsum mit Augen bedeckt sind.6 Denn es geziemt sich, daß alle Vorgesetzten innen und außen Augen haben, weil sie sowohl in ihrer eigenen Seele dem inneren Richter gefallen, als auch nach außen ein gutes Beispiel geben und beachten sollen, was an andern zu tadeln ist.

Die Untergebenen aber sind anzuweisen, über das Leben ihrer Vorgesetzten nicht freventlich zu urteilen, wenn sie vielleicht etwas Tadelnswertes an ihnen sehen, weil sie sonst in dem berechtigten Tadel dem Bösen gegenüber vom Stolz in noch schlimmere Dinge gestürzt werden. Sie sind anzuweisen, wenn sie Fehler an ihren Vorgesetzten sehen, nicht unbescheiden gegen sie aufzutreten; sie sollen vielmehr, wenn die Fehler an den Vorgesetzten arg groß wären, so in ihrem Innern darüber denken, daß sie aus Furcht vor Gott sich nicht weigern, das Joch der Ehrfurcht solchen Vorgesetzten gegenüber S. 140 weiter zu tragen. Wir werden dies besser zeigen können, wenn wir das Beispiel Davids anführen. Der Verfolger Saul trat zur Leibesentleerung in eine Höhle, in welcher sich David mit seinen Leuten befand, der schon seit langem schwere Verfolgung von ihm zu ertragen hatte. Als ihm seine Leute zusetzten, den Saul zu erschlagen, wies er sie mit den Worten zurück, er dürfe nicht Hand anlegen an den Gesalbten des Herrn. Doch erhob er sich unbemerkt und schnitt ihm ein Stück von seinem Mantel ab. Was bedeutet nun Saul? Nicht die schlechten Vorsteher? Was David? Nicht die guten Untergebenen? Saul pflegt der Leibesnotdurft, wenn schlimme Vorgesetzte die in ihrem Herzen vorhandene Bosheit zu übelriechenden Werken kommen lassen und ihre bösen Gedanken durch Verübung äußerer Taten offenkundig machen. Doch scheut sich David, ihn zu erschlagen, wenn die Seelen gottesfürchtiger Untergebener sich von der Pest der üblen Nachrede freihalten und nicht mit dem Schwert der Zunge die Vorgesetzten tödlich verwunden, auch dann nicht, wenn sie diese wegen ihrer Unvollkommenheit bei sich tadeln müssen. Und wenn sie je einmal aus Schwachheit sich nicht ganz enthalten können, gewisse Fehler der Vorgesetzten, die besonders weit gehen und nach außen hervortreten, mit aller Bescheidenheit zu besprechen, so schneiden sie gleichsam stille ein Stück vom Mantel ab, das heißt nämlich, sie verunstalten das Gewand des über sie gesetzten Königs, wenn sie das Ansehen der Vorgesetzten, obgleich ohne zu schaden und nur im geheimen, beeinträchtigen. Sie gehen jedoch wieder in sich und machen sich über das leiseste Tadelswort die bittersten Vorwürfe. Deshalb steht dort treffend geschrieben: „Darnach aber schlug David das Herz darüber, daß er den Zipfel von dem Mantel Sauls abgeschnitten hatte.“7 Denn die Handlungen der Vorgesetzten darf man nicht mit dem Schwerte der Zunge treffen, auch wenn sie mit Recht für tadelns- S. 141 wert erachtet werden. Hat man sich aber gegen sie auch nur im mindesten durch eine Rede verfehlt, so muß das Herz von Reueschmerz ergriffen werden, damit es wieder in sich gehe und wegen des Vergehens gegen die vorgesetzte Obrigkeit das strafende Urteil dessen fürchte, der ihm die Vorgesetzten gegeben hat. Denn wenn wir uns gegen die Oberen verfehlen, widersetzen wir uns der Anordnung dessen, der sie uns vorgesetzt hat. Darum sprach auch Moses, als er von den Klagen des Volkes gegen ihn und Aaron Kunde bekam: „Denn was sind wir? Nicht gegen uns richtet sich euer Murren, sondern gegen den Herrn.“8


  1. Kol. 3, 20. ↩

  2. Ebd. 3, 21. ↩

  3. Sprichw. 6, 6. ↩

  4. Ebd. 6, 1 f. ↩

  5. Ebd. 6, 3 f. ↩

  6. Ezech. 1, 18. ↩

  7. 1 Kön. 24, 6. ↩

  8. Exod. 16, 8. ↩

pattern
  Imprimer   Rapporter une erreur
  • Afficher le texte
  • Référence bibliographique
  • Scans de cette version
Download
  • docxDOCX (168.11 kB)
  • epubEPUB (160.42 kB)
  • pdfPDF (572.65 kB)
  • rtfRTF (478.42 kB)
Les éditions de cette œuvre
Regulae pastoralis liber Comparer
Traductions de cette œuvre
Buch der Pastoralregel (BKV)
Commentaires sur cette œuvre
Einleitung zum Buch der Pastoralregel

Table des matières

Faculté de théologie, Patristique et histoire de l'Église ancienne
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Mentions légales
Politique de confidentialité