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Enchiridion oder Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe (BKV)
117.
Was nun aber weiterhin die Liebe angeht, die nach dem Worte des Apostels größer ist als die beiden schon behandelten Tugenden1, nämlich als Glaube und Hoffnung, so richtet sich die Güte ihres Besitzers ganz nach dem Maße, in dem er sie besitzt. Fragt es sich einmal bei jemand, ob er überhaupt gut sei, so kommt es nicht darauf an, was er glaubt oder worauf er hofft, S. 498 sondern darauf, was er liebt. Denn wer die rechte Liebe hat, der hat zweifellos auch den rechten Glauben und die rechte Hoffnung. Wer aber die Liebe nicht hat, dessen Glaube ist nichtig, mag auch das, was er glaubt, die Wahrheit sein, und dessen Hoffnung ist nichtig, mag auch das, was er hofft, nach der Lehre (der Kirche) tatsächlich der wahren Glückseligkeit gelten; (dies ist nur dann nicht der Fall), wenn er auch das glaubt und hofft, was ihm, wenn er darum bittet, als Gegenstand seiner Liebe zuteil werden kann. Denn wenngleich er ohne Liebe auch keine Hoffnung haben kann, so kann er doch möglicherweise gerade das nicht lieben, was er lieben muß, um zum Inhalt seiner Hoffnung zu gelangen, z. B. wenn jemand das ewige Leben erhofft ― und wer möchte das nicht lieben? ―, dabei aber die Gerechtigkeit nicht liebt, ohne die niemand zum ewigen Leben gelangen kann. ― Und was den Glauben betrifft, so ist derjenige der vom Apostel empfohlene Glaube an Christus, der durch die Liebe wirksam ist2 und der das, was ihm an der Liebe noch fehlt, erbittet, auf daß er es empfange, sucht, auf daß er es finde, und der darum anklopft, auf daß ihm auf getan werde3. Denn der Glaube erlangt, was das Gesetz verlangt4. Denn ohne Gottes Gabe, d. h. ohne den Heiligen Geist, durch den die Liebe in unsere Herzen ausgegossen wird5, kann das Gesetz wohl gebieten, aber nicht helfen, und es kann überdies einen Übertreter (des Gesetzes) schaffen, der sich mit Unkenntnis des Gesetzes nicht entschuldigen kann. Denn dort ist die fleischliche Begierde Herr, wo die Gottesliebe nicht waltet.
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The Enchiridion
Chapter 117.--Love, Which is Greater Than Faith and Hope, is Shed Abroad in Our Hearts by the Holy Ghost.
And now as to love, which the apostle declares to be greater than the other two graces, that is, than faith and hope, 1 the greater the measure in which it dwells in a man, the better is the man in whom it dwells. For when there is a question as to whether a man is good, one does not ask what he believes, or what he hopes, but what he loves. For the man who loves aright no doubt believes and hopes aright; whereas the man who has not love believes in vain, even though his beliefs are true; and hopes in vain, even though the objects of his hope are a real part of true happiness; unless, indeed, he believes and hopes for this, that he may obtain by prayer the blessing of love. For, although it is not possible to hope without love, it may yet happen that a man does not love that which is necessary to the attainment of his hope; as, for example, if he hopes for eternal life (and who is there that does not desire this?) and yet does not love righteousness, without which no one can attain to eternal life. Now this is the true faith of Christ which the apostle speaks of, "which worketh by love;" 2 and if there is anything that it does not yet embrace in its love, asks that it may receive, seeks that it may find, and knocks that it may be opened unto it. 3 For faith obtains through prayer that which the law commands. For without the gift of God, that is, without the Holy Spirit, through whom love is shed abroad in our hearts, 4 the law can command, but it cannot assist; and, moreover, it makes a man a transgressor, for he can no longer excuse himself on the plea of ignorance. Now carnal lust reigns where there is not the love of God.