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De civitate Dei (CCSL)
Caput V: De sacrificiis, quae deus non requirit, sed ad significationem eorum offerri uoluit, quae requirit.
Quis autem ita desipiat, ut existimet aliquibus usibus dei esse necessaria, quae in sacrificiis offeruntur? quod cum multis locis diuina scriptura testetur, ne longum faciamus, breue illud de psalmo commemorare suffecerit: dixi domino, deus meus es tu, quoniam bonorum meorum non eges. non solum igitur pecore uel qualibet alia re corruptibili atque terrena, sed ne ipsa quidem iustitia hominis deus egere credendus est, totumque quod recte colitur deus homini prodesse, non deo. neque enim fonti se quisquam dixerit consuluisse, si biberit; aut luci, si uiderit. nec quod ab antiquis patribus alia sacrificia facta sunt in uictimis pecorum, quae nunc dei populus legit, non facit, aliud intellegendum est, nisi rebus illis eas res fuisse significatas, quae aguntur in nobis, ad hoc ut inhaereamus deo et ad eundem finem proximo consulamus. sacrificium ergo uisibile inuisibilis sacrificii sacramentum, id est sacrum signum est. unde ille paenitens apud prophetam uel ipse propheta quaerens deum peccatis suis habere propitium: si uoluisses, inquit, sacrificium, dedissem utique; holocaustis non delectaberis. sacrificium deo spiritus contribulatus; cor contritum et humiliatum deus non spernet. intueamur quemadmodum, ubi deum dixit nolle sacrificium, ibi deum ostendit uelle sacrificium. non uult ergo sacrificium trucidati pecoris, sed uult sacrificium contriti cordis. illo igitur quod eum nolle dixit, hoc significatur, quod eum uelle subiecit. sic itaque illa deum nolle dixit, quomodo ab stultis ea uelle creditur, uelut suae gratia uoluptatis. nam si ea sacrificia quae uult - quorum hoc unum est: cor contritum et humiliatum dolore paenitendi - nollet eis sacrificiis significari, quae uelut sibi delectabilia desiderare putatus est: non utique de his offerendis in lege uetere praecepisset. et ideo mutanda erant opportuno certoque iam tempore, ne ipsi deo desiderabilia uel certe in nobis acceptabilia, ac non potius quae his significata sunt crederentur. hinc et alio loco psalmi alterius: si esuriero, inquit, non dicam tibi; meus est enim orbis terrae et plenitudo eius. numquid manducabo carnes taurorum aut sanguinem hircorum potabo? tamquam diceret: utique si mihi essent necessaria, non a te peterem, quae habeo in potestate. deinde subiungens quid illa significent: immola, inquit, deo sacrificium laudis et redde altissimo uota tua et inuoca me in die tribulationis, et eripiam te et magnificabis me. item apud alium prophetam: in quo, inquit, adprehendam dominum, adsumam deum meum excelsum? si adprehendam illum in holocaustis, in uitulis anniculis? si acceptauerit dominus in milibus arietum aut in denis milibus hircorum pinguium? si dedero primogenita mea inpietatis, fructum uentris mei pro peccato animae meae? si adnuntiatum est tibi, homo, bonum? aut quid dominus exquirat a te nisi facere iudicium et diligere misericordiam et paratum esse ire cum domino deo tuo? et in huius prophetae uerbis utrumque distinctum est satisque declaratum illa sacrificia per se ipsa non requirere deum, quibus significantur haec sacrificia, quae requirit deus. in epistula, quae inscribitur ad Hebraeos: bene facere, inquit, et communicatores esse nolite obliuisci; talibus enim sacrificiis placetur deo. ac per hoc ubi scriptum est: misericordiam uolo quam sacrificium nihil aliud quam sacrificium sacrificio praelatum oportet intellegi; quoniam illud, quod ab omnibus appellatur sacrificium, signum est ueri sacrificii. porro autem misericordia uerum sacrificium est; unde dictum est, quod paulo ante commemoraui: talibus enim sacrificiis placetur deo. quaecumque igitur in ministerio tabernaculi siue templi multis modis de sacrificiis leguntur diuinitus esse praecepta, ad dilectionem dei et proximi significando referuntur. in his enim duobus praeceptis, ut scriptum est, tota lex pendet et prophetae.
Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
5. Gott heischt die Opfergaben nicht, sondern er bestand auf ihrer Darbringung, sofern diese das äußere Zeichen der Gesinnung ist, die er heischt.
So töricht ist ja wohl niemand, daß er meinte, Gott bedürfe der Opfergabe zu irgendwelchen Zwecken. Darüber spricht sich die göttliche Schrift an vielen Stellen aus; ich will um der Kürze willen nur auf die prägnante Psalmstelle1 hinweisen: „Ich sprach zum Herrn: Mein Gott bist Du; denn Du bedarfst nicht meiner Güter“. Man hat demnach anzunehmen, daß Gott nicht nur des Opfertieres oder sonst irgendeines vergänglichen und irdischen Dinges nicht bedarf, sondern nicht einmal der Gerechtigkeit des Menschen und daß überhaupt die rechte Gottesverehrung dem Menschen Vorteil bringt, nicht Gott. Es ist wie bei dem Quell oder bei dem Licht: niemand wird sich einbilden, daß er der Quelle nützt, wenn er aus ihr trinkt, oder dem Lichte, wenn er es schaut. Und wenn von den alten Vätern andere Opfer dargebracht wurden als jetzt, blutige Tieropfer, von denen das Volk Gottes liest, ohne sie zu wiederholen, so ist dies dahin aufzufassen, daß durch solche Handlungen Dinge angedeutet wurden, die in unserm Innern vor sich gehen und darauf abzielen, daß wir Gott anhängen und dem Nächsten ebenfalls dazu verhelfen. Das sichtbare Opfer ist also das Sakrament, d. i. das heilige Zeichen eines unsichtbaren Opfers. In diesem Sinne spricht der Büßer beim Propheten oder der Prophet selbst, da er die göttliche Gnade für seine Sünden anruft2: „Wenn Du Opfer gewollt hättest, würde ich sie ja freilich gegeben haben; an Brandopfern hast Du kein Gefallen. Opfer vor Gott ist ein Band 16, S. 521zerknirschter Geist; ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wird Gott nicht verschmähen“. Beachten wir, wie er im nämlichen Atemzug sagt, Gott wolle kein Opfer, und darauf hinweist, er wolle ein Opfer. Er will demnach nicht das Opfer eines geschlachteten Tieres, wohl aber das Opfer eines zerknirschten Herzens. Durch das, was Gott nach ihm nicht will, wird das angedeutet, was er nach ihm will. Er will also sagen, daß Gott solche Brandopfer nicht in dem Sinne will, wie die Toren meinen, gleichsam zu seinem eigenen Vergnügen. Denn würden die Opfer, die man für einen Gegenstand göttlichen Begehrens hielt, nicht nach Gottes Absicht einen Hinweis enthalten auf die Opfer, die er wirklich verlangt (wie eben z. B. ein in Reueschmerz zerknirschtes und gedemütigtes Herz), so hätte Gott im alten Gesetz deren Darbringung überhaupt nicht angeordnet. Deshalb mußte einmal die Zeit kommen, da mit diesen Opfern eine Änderung vorgenommen wurde, damit nicht sie statt dessen, was durch sie angedeutet wird, als begehrenswert für Gott oder doch als Empfehlung für uns aufgefaßt würden. Ein ähnlicher Gedanke kommt in einer andern Psalmstelle3 also zum Ausdruck: „Wenn mich hungerte, würde ich es nicht erst dir sagen; denn mein ist der Erdkreis und was ihn erfüllt. Soll ich denn Fleisch der Stiere essen oder Blut der Böcke trinken?“, gleich als wollte er sagen: Hätte ich dergleichen Dinge nötig, so würde ich nicht von dir begehren, was ich selbst in meiner Gewalt habe. Und im unmittelbaren Anschluß daran äußert sich der Psalmist über Sinn und Bedeutung solcher Opfer4: „Opfere Gott ein Opfer des Lobes und löse dem Höchsten deine Gelübde und rufe mich an am Tage der Trübsal, so will ich dich erretten und du wirst mich preisen“. Und bei einem anderen Propheten5 lesen wir: „Womit werde ich meinen Herrn gewinnen, meinen erhabenen Gott an mich ziehen? Werde ich ihn mit Brandopfern gewinnen, mit jährigen Kälbern? Wird der Band 16, S. 522Herr gnädig gestimmt durch tausend Widder oder durch zehntausend fette Böcke? Soll ich meinen Erstgeborenen hingeben für meine Gottlosigkeit, meines Leibes Frucht für die Sünde meiner Seele? Ist dir das Richtige kund geworden, o Mensch? Oder was sollte Gott sonst von dir heischen, als daß du recht tuest und die Barmherzigkeit liebest und bereit seiest, mit dem Herrn deinem Gott zu wandeln?“ Auch bei diesen Prophetenworten ist beides auseinandergehalten, die Opfer als solche und was durch sie angedeutet wird, und es ist deutlich gesagt, daß Gott die Opfer als solche nicht heische, wohl aber die Opfer, die durch die äußeren Opfer angedeutet werden. In dem Briefe, der an die Hebräer adressiert ist, heißt es6: „Wohlzutun und mitteilsam zu sein, vergesset nicht; denn durch solche Opfer gefällt man Gott“. Wenn also geschrieben steht: „Barmherzigkeit will ich über das Opfer“7, so ist dies dahin aufzufassen, dass ein Opfer über das andere gestellt wird; denn das, was im allgemeinen Sprachgebrauch Opfer genannt wird, ist nur ein Zeichen für das wahre Opfer. Das wahre Opfer aber ist die Barmherzigkeit: deshalb heißt es ja, wie ich eben angeführt habe: „Denn durch solche Opfer gefällt man Gott“. All die vielerlei göttlichen Vorschriften über die Opfer im Dienst des Zeltes oder des Tempels beziehen sich demnach andeutungsweise auf die Liebe zu Gott und dem Nächsten. Denn „an diesen zwei Geboten“, heißt es8, „hängt das ganze Gesetz und die Propheten“.