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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De Civitate Dei Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
1. Buch

17. Freiwilliger Tod aus Furcht vor Strafe oder Schande.

Wer möchte demnach nicht in menschlicher Teilnahme selbst jenen Frauen verziehen wissen, die Selbstmord begangen haben, nur um nicht derartiges erdulden zu müssen? Und wenn man hinwieder denen, die nicht Selbstmord üben wollten, um nicht durch eigene Untat der Untat eines andern zu entgehen, ein solches Verhalten zum Vorwurf macht, dann setzt man sich dem Vorwurf des Unverstandes aus. Allerdings nämlich ist, wenn es nicht einmal gestattet ist, aus eigener Vollmacht einen Übeltäter zu töten, es sei denn, daß ein Gesetz die Befugnis gibt, ihn zu töten, natürlich auch der Selbstmörder ein Mörder, und er lädt durch den Selbstmord umso größere Schuld auf sich, je weniger er schuld ist an der Ursache, die ihn zum Selbstmord treibt. Denn Band 1, S. 52wenn wir schon die Tat des Judas mit Recht verabscheuen und die Wahrheit über ihn urteilt, daß er durch seinen Tod am Stricke das Verbrechen des frevelhaften Verrates eher gesteigert als gesühnt hat, weil er an der Barmherzigkeit Gottes verzweifelnd, sich einer unheilvollen Reue überließ und sich so die Möglichkeit einer heilsamen Reue versperrte, um wieviel mehr muß man sich vor dem Selbstmord hüten, wenn man keinen Anlaß hat, irgend etwas durch eine solche selbst vollzogene Strafe zu sühnen! Judas nämlich hat, da er Selbstmord beging, zwar einen verbrecherischen Menschen getötet, aber er hat dadurch gleichwohl sein Leben geendet, schuldbeladen nicht nur mit Christi Tod, sondern auch mit dem eigenen Tod, weil er dem Tode anheimfiel zwar wegen seines Verbrechens, aber eben durch ein neues Verbrechen von seiner Seite. Warum aber sollte jemand, der nichts Schlimmes getan, sich selbst Schlimmes antun und durch Selbstmord einen schuldlosen Menschen morden, nur um nicht die Schuld eines andern an sich zuzulassen, und warum soll er gegen sich eine Sünde begehen, nur damit an ihm keine fremde begangen werde?

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