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Gegen Faustus
1.
Faustus sagte: Warum anerkennt ihr Moses nicht? Wegen der Liebe und Ehrfurcht, in der wir Christus dienen! Wer wäre so gewissenlos, jemandem freudig zu begegnen, der seinen eigenen Vater verflucht hat? So geht es uns mit Moses: zwar blieb auch sonst nichts Menschliches und nichts Göttliches von seiner Lästerzunge verschont, wir verabscheuen ihn aber vor allem deshalb, weil er Christus, dem Sohn Gottes, der für unser Heil am Kreuzesholz hing, die grauenhafte Schmach der Verfluchung antat, ob mit Absicht oder zufällig, magst du selber entscheiden. Keins von beiden wird ihn entschuldigen und damit die Anerkennung empfehlenswert machen. Er sagte nämlich (cf. Deut. 21,23/ Gal. 3,13), dass ein jeder verflucht ist, der am Holz hängt. Diesen Moses also soll ich nach deinem Willen anerkennen, ihm soll ich glauben, obwohl feststeht, dass er, falls er die prophetische Gabe besass, Christus wissentlich und willentlich verflucht hat, oder dass er, falls er ihn ohne Absicht und unwissentlich verflucht hat, die prophetische Gabe nicht besass. Wähle also, was dir lieber ist: entweder dass Moses kein Prophet war und aus Ahnungslosigkeit sündigte, dass er also, indem er seiner Gewohnheit gemäss Verfluchungen über andere aussprach, ohne es zu bemerken auch Gott verlästerte, oder aber, dass er göttlich inspiriert war und dieses zukünftige Ereignis sehr wohl kannte, aber aus Neid auf unser Heil, das uns vom Kreuzesholz zuteil werden sollte, aus seinem Lästermaul Gift gegen den Urheber dieses Heils spritzte. Wer könnte da glauben, dass Moses den Vater gesehen und kennen gelernt hat (cf. Gen. 19,3), wenn er den Sohn dermassen verunglimpfte, und dass er die Ankunft des Sohnes voraussagen konnte, wenn er seinen Tod mit der Kreuzesbesteigung nicht kannte? Kommt als weiteres hinzu, dass für mich auch ins Gewicht fällt, welch weite Wirkung dieses Fluchwort entfaltet hat, wie vieles es erfasst und in Verruf bringt, dass es auch sämtliche Gerechten und Märtyrer trifft, die in einem ähnlichen Martyrium den Tod fanden, wie etwa Petrus und Andreas und alle andern, die das gleiche Los traf. All diese hätte Moses gewiss nicht mit der Schmach einer solch mitleidlosen Verfluchung verunglimpft, es sei denn, er habe mangels Prophetengabe nichts von ihnen gewusst, oder aber – falls er diese Gabe besass – sie aufgrund seines üblen Charakters gehasst. Moses sagt ja nicht etwa nur, sie seien allüberall, d.h. bei den Menschen, verflucht, sondern sie seien von Gott verflucht (cf. Deut. 21,23). Wenn diese Aussage zutrifft, woher soll dann Christus oder die Apostel oder wir selber, falls wir um seines Namens willen gekreuzigt werden sollten, die Hoffnung nehmen, einmal den Segen zu erlangen? Wie ahnungslos und bar jeder göttlichen Inspiration war er schliesslich, dass er nicht auf den Gedanken kam, die Menschen könnten aus gegensätzlichen Gründen ans Kreuz gehängt werden, die einen wegen einer Unrechtstat, andere dagegen aufgrund ihrer Gerechtigkeit und wegen Gott! Und so unterwarf er wahllos und ohne jedes Unterscheidungsvermögen alle dem selben Fluch; dabei hätte er, wenn auch nur eine Spur Voraussicht, geschweige denn Prophetengabe in ihm gewesen wäre, – auch wenn das Kreuz für ihn ein solches Ärgernis bedeutete, dass diese Strafe für ihn gegenüber jeder andern Art von Bestrafung etwas besonders Verächtliches bedeutete – sagen müssen, dass jeder Verbrecher und Gottlose verflucht ist, der ans Holz gehängt wurde, um nicht jede Grenze zwischen Gerechten und Ungerechten zu verwischen. Und auch so hätte er noch nicht die Wahrheit gesprochen, da ja Christus den Räuber vom Kreuz weg ins Paradies seines Vater mitnahm (cf. Lk. 23,43). Wo findet man also jemanden, an dem sich dieser Satz: Verflucht ist ein jeder, der am Holz hängt, bestätigen lässt? Ist es etwa Barabbas, jener berüchtigte Räuber, der doch überhaupt nicht ans Kreuz gehängt wurde, und dazu noch auf Bitten der Juden aus dem Gefängnis entlassen und somit noch mehr gesegnet war als der andere Räuber, der mit Christus vom Kreuz aus in den Himmel aufstieg (cf. Mt. 27,26 ff.)? Und was erst ist davon zu halten, wenn Moses auch den als verflucht bezeichnet, der Sonne oder Mond verehrt (cf. Deut. 17,3)? Angenommen also, ich würde als Untertan eines heidnischen Herrschers gezwungen, die Sonne anzubeten, und man liesse mich kreuzigen, weil ich das, aus Furcht vor diesem Fluch, verweigerte: so würde ich nun dem andern Fluch anheim fallen, den Moses gegen jenen hervorholte, der am Holz hängt. Oder ist es vielleicht seine Gewohnheit, alle Guten zu verfluchen, und wir müssen seine Verwünschungen als das ansehen, was sie sind: Verwünschungen von Galle speienden alten Weibern? Mit demselben Fluch verfolgt er ja auch sämtliche gottgeweihten Jünglinge und Jungfrauen, indem er sagt (cf. Agraph. 31; deut. 25,7 ff.; c.F. 32,5; 14), dass ein jeder verflucht ist, der seinen Samen nicht erweckt hat in Israel. Dieser Vorwurf trifft gleichermassen zur Hauptsache Jesus, der ja auch, wie ihr behauptet, aus dem Volk der Juden hervorging, aber keinen Spross aus diesem Volk erweckt hat, um dessen Weiterleben zu sichern, im weitern aber auch seine Jünger, von denen er einige, die er verheiratet angetroffen hatte, ihren Ehefrauen wegnahm, andern aber, die er noch jungfräulich vorfand, die Ehe verbot. Nach all dem solltest du erkannt haben, dass wir die zügellose Zunge des Moses, die mit den Geschossen ihrer Flüche Christus, das Licht (cf. Joh. 8,12), die Reinheit der Lebensführung, alles Göttliche angreift, mit Recht verwünscht haben. Damit du aber nicht etwa glaubst, es bestehe ein grosser Unterschied, ob einer ans Kreuz gehängt oder ans Kreuz geschlagen wird – auch dieses Argument pflegt ihr ja zur Stärkung eurer Verteidigungsposition vorzubringen –, höre bitte auf Paulus, was er gegen euren Einfall vorbringt (Gal. 3,13): Christus hat uns vom Fluch des Gesetzes freigekauft, indem er für uns zum Fluch geworden ist; denn es steht in der Schrift (deut. 21,23): ‛Verflucht ist jeder, der am Holz hängt’.
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Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
1.
Faustus dixit:_ Quare Moysen non accipitis? _Amoris pietatisque causa, qua colimus Christum. Quis enim irreligiosus adeo est, ut eum libenter aspiciat, qui suo maledixerit patri? p. 401,15 Quapropter et nos Moysen, quamquam humanorum nulli umquam divinorumque pepercerit blasphemando, plus tamen hinc exsecramur, quod Christum filium dei, qui nostrae salutis gratia pependit in ligno, diro devotionis convicio lacessivit, utrum volens an casu videris. Neutro enim horum excusatus erit, ut commendatus debeat accipi. Ait enim maledictum esse omnem, qui pendet in ligno. Hunc ergo tu vis ut accipiam, huic ut credam, cum si divinus fuit, constet eum scientem volentemque maledixisse Christo, si vero nolens nesciensque maledixerit, constet eum non fuisse divinum. p. 402,1 Tu ergo elige utrumvis aut Moysen prophetam non fuisse et imprudentia peccasse, ut dum aliis ex more suo maledicit, nesciens blasphemaverit et deum, aut fuisse quidem divinum nec futura haec ignoravisse, sed invidentem tamen nostrae saluti, quae futura erat ex ligno, in eius auctorem maledici oris sui venena prompsisse. Et quis ergo credat hunc vidisse aut cognovisse patrem, qui sic laceraverit filium; hunc adventum filii potuisse praedicere, qui ascensionis eius ignoraverit exitum? Huc accedit, quod illud etiam considero, quam late hoc sit sparsum convicium quamque multa comprehendat et violet, ut omnes etiam tangat iustos et martyres, quotquot similis passionis exitu defuncti sunt vita, ut Petrus et Andreas ac reliqui eiusdem sortis. Quos nisi Moyses aut ut non propheta nescisset aut ut malignus odisset, si fuit propheta, non tam crudae devotionis contumelia lacerasset. p. 402,16 Neque enim vulgo saltem eos maledictos dicit, id est apud homines tantum sed maledictos deo. Quod si ita est, unde iam benedictionis relinquetur spes vel Christo vel apostolis vel ipsis nobis, si nominis eius causa crucifigi contingat? Quam denique imprudens erat et vacans inspiratione divina, ut cogitare nequiverit diversis ex causis homines in ligno suspendi alios quidem ob iniquum facinus, quosdam vero iustitiae causa et propter deum! Idcircoque confuse omnes et sine discretione ulla sub idem coniecit maledictum, cum esset dicendum, si ei prudentia inesset ulla, non dicam divinatio, etsi adeo crux offenderat eum, ut sola excepta abdicataque esset ex omni genere punitionum, maledictum esse sceleratum et impium omnem, qui pependisset in ligno, ut esset discretio aliqua inter iustos et iniustos; p. 403,3 quamquam nec sic quidem vera dixisset, cum latronem Christus de ligno secum introduxit in paradisum patris sui. Ubi est ergo maledictus omnis, qui pendet in ligno? An Barabbas latro ille insignis, qui non solum in ligno suspensus minime est, sed etiam Iudaeorum rogatu emissus e carcere, magis fuit benedictus quam ille, qui cum Christo de cruce ascendit in caelum? Quid denique quod etiam eum maledictum vocat, qui solem adoraverit aut lunam ? Si ergo sub gentili positus rege solem cogar adorare et, cum restitero maledictum hoc metuens, iubear crucifigi, in aliud eius incurram maledictum, quod adversus eum deprompsit, qui pendet in ligno. An ipsi quidem bonis omnibus maledicere consuetum est, nos vero tanti devotiones eius existimare debemus, quanti sunt stomachantium vetularum? p. 403,17 Sic enim et dei omnes pueros ac virgines pari devotione prosequitur dicens maledictum esse omnem, qui non suscitaverit semen in Israhel. Quod aeque convicium principaliter quidem Iesum tangit, qui ortus et ipse, ut dicitis, ex Iudaeis, nullam tamen inter eos servandae posteritatis causa sobolem suscitavit, deinde et discipulos eius, quorum nonnullos quidem ab uxoribus seiunxit, quos copulatos invenerat, quosdam vero et coniungi vetuit, quos deprehendit intactos. Qua de re Moyseos impunitam hanc linguam maledictorum iaculis Christum lumen, sanctimoniam, divina omnia petentem iure nos cognoveris exsecratos. An ne forte multum interesse putes inter suspensum et crucifixum – nam et hoc in praesidium vobis defensionis soletis assumere – commentis hisce vestris Paulum audias praescribentem: Christus nos redemit de maledicto legis factus pro nobis maledictum, quia scriptum est: ‛Maledictus omnis, qui pendet in ligno’. p. 404,8