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Works Augustine of Hippo (354-430) De Trinitate Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
ZWEITES BUCH.

17. Kapitel. Was unter dem Rücken Gottes zu verstehen ist.

Nicht unpassend pflegt man den Rücken symbolisch von der Person unseres Herrn Jesus Christus zu verstehen und von seinem Fleische zu erklären, in welchem er aus der Jungfrau geboren wurde, starb und von den Toten auferstand. Vielleicht wurde es Rücken (posteriora) genannt, weil die Sterblichkeit das Ende (posterioritas) ist, oder vielleicht auch deshalb, weil das Weltende schon nahe war, das heißt, weil schon die letzte Zeit S. 92 (posterius) war, als er die menschliche Natur anzunehmen sich herabließ. Sein Antlitz aber ist jene Gottesgestalt, in welcher er die Gottesgleichheit nicht für ein unrechtmäßiges Gut hielt,1 die Gottesgestalt, die niemand sehen kann und am Leben bleiben: Dies Wort bedeutet entweder, daß wir nach diesem Leben, in dem wir fern vom Herrn wandeln,2 wo der Leib, der zugrunde geht, die Seele beschwert,3 ihn von Angesicht zu Angesicht schauen, wie der Apostel sagt4 — von diesem Leben heißt es nämlich in den Psalmen: „Lauter Eitelkeit ist jeder lebende Mensch“,5 und wiederum: „Nicht ist gerechtfertigt vor dir irgendein Lebender.“6 In diesem Leben ist nach Johannes auch „noch nicht offenbar, was wir sein werden. Wir wissen aber“, sagt er, „wenn es einmal offenbar wird, werden wir ihm ähnlich sein und ihn schauen, wie er ist“.7 Das wollte er jedenfalls von dem Zustand nach diesem Leben verstanden wissen, wenn wir die Schuld des Todes bezahlt und die verheißene Auferstehung empfangen haben — oder es weist darauf hin, daß wir in diesem Leben, insoweit als wir die Weisheit Gottes, durch die alles geworden ist, geistig erfassen, den fleischlichen Begierden absterben, so daß wir die Welt als für uns tot erachten und auch wir selber für diese Welt sterben und sagen können, was der Apostel sagt: „Die Welt ist mir gekreuzigt und ich der Welt.“8 Von diesem Tode sagte er nämlich auch: „Wenn ihr mit Christus gestorben seid, was laßt ihr euch dann Satzungen vorschreiben, als lebtet ihr noch in der Welt?“9 Nicht also ohne Grund ist es, daß niemand das Antlitz, das heißt das unverhüllte Wesen der Weisheit Gottes sieht und am Leben bleibt. Denn sie ist der Glanz, nach dessen Schau jeder seufzt, welcher darnach brennt, Gott von ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus ganzem Geiste zu lieben. Für dieses Schauen erbaut S. 93 der, welcher seinen Nächsten liebt wie sich selbst, nach Kräften auch diesen. An diesen beiden Geboten hängt ja das ganze Gesetz und die Propheten.10 Das finden wir aber auch bei Moses angedeutet. Denn als er aus der Gottesliebe heraus, die in seiner Seele gewaltig brannte, gesagt hatte: „Wenn ich also Gnade gefunden habe vor dir, so zeige dich mir unverhüllt, damit ich daran erkenne, daß ich Gnade gefunden habe vor dir“,11 fügt er aus der Nächstenliebe heraus sofort das weitere Wort hinzu: „und daß ich sehe, daß dieses Volk wirklich dein Volk ist“.12 Das ist also der Glanz, welcher jede geistige Seele hinreißt in Sehnsucht nach ihm, um so brennender, je reiner sie ist; um so reiner aber ist sie, je mehr sie sich zum Geistigen erhebt; um so mehr aber erhebt sie sich zum Geistigen, je mehr sie dem Fleischlichen abstirbt. Solange wir aber fern vom Herrn und im Glauben wandeln, nicht im Schauen,13 müssen wir den Rücken Christi, das ist sein Fleisch, in eben dem Glauben sehen, das heißt auf dem festen Fundament des Glaubens stehend; dies bezeichnet ja das Wort Fels. Von einer so gesicherten Warte aus wollen wir auf die irdische Wirklichkeit Christi hinschauen, in der katholischen Kirche nämlich, von der das Wort gilt: „Und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“14 Um so sicherer nämlich lieben wir das Antlitz Christi, das zu schauen wir verlangen, je mehr wir an seinem Rücken erkennen, wie sehr uns Christus zuerst geliebt hat.

29. Aber der Glaube an seine Auferstehung in eben diesem Fleische rettet und rechtfertigt uns. Der Apostel sagt: „Wenn du mit deinem Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, dann wirst du gerettet werden.“15 Und wiederum: „Der um unserer Sünden wegen dahingegeben ward und um unserer Rechtfertigung willen auferstand.“16 Das Verdienst unseres Glaubens ist also die Auferstehung des Leibes Christi. S. 94 Daß nämlich jener Leib beim Kreuzesleiden starb, das glauben auch seine Feinde; daß er aber auferstanden ist, das glauben sie nicht. Indem wir diese Tatsache in überzeugtestem Glauben bejahen, blicken wir gleichsam von einem unerschütterlichen Felsen herab. In sicherer Hoffnung erwarten wir daher die Annahme an Kindes Statt, die Erlösung unseres Leibes.17 Wir erhoffen ja das für die Glieder Christi, die wir selber sind, was wir an ihm, unserem Haupte, in gesundem Glauben als vollendet erkennen. Daher will er, daß wir bei seinem Vorübergang seinen Rücken nur sehen, damit wir an seine Auferstehung glauben. Pascha ist nämlich ein hebräisches Wort, das Vorübergang heißt. Darum sagt auch der Evangelist Johannes: „Es war vor dem Paschafeste, da Jesus wußte, daß für ihn die Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen.“18

30. Wenn jemand diesen Glauben hat, aber nicht in der katholischen Kirche steht, sondern in einem Schisma oder in einer Häresie, dann schaut er den Rücken des Herrn nicht von dem Platze aus, der bei ihm ist. Denn was bedeutet sonst das Wort des Herrn: „Siehe, bei mir ist Platz. Da magst du dich auf den Felsen stellen“19? Denn was soll der irdische Ort, der beim Herrn ist, anderes bedeuten als, daß beim Herrn ist, was ihn geistig berührt? Denn welcher räumlich umgrenzte Ort wäre nicht beim Herrn, der von einem Ende zum andern reicht mit Kraft und alles mit Sanftmut ordnet,20 dessen Sitz der Himmel, dessen Fußschemel die Erde heißt, der sagte: „Welches Haus wollt ihr für mich bauen? Oder welcher Ort wird meiner Ruhe dienen? Hat nicht meine Hand das alles geschaffen?“21 Naturgemäß versteht man jedoch unter dem Orte, der bei ihm ist, wo man auf einem Felsen steht, die katholische Kirche, in welcher derjenige heilbringend das Pascha des Herrn, das heißt den Vorübergang des Herrn, sieht und seinen Rücken, S. 95 das heißt seinen Leib, welcher an seine Auferstehung glaubt. Es heißt: „Da magst du dich auf den Felsen stellen. Es wird dann meine Herrlichkeit vorüberziehen.“22 Wir sind ja wirklich sofort, als die Herrlichkeit des Herrn bei der Verherrlichung des Herrn, in welcher er auferstand und zum Vater auffuhr, vorüberging, auf festen Felsengrund gestellt worden. Der Felsenmann ist damals selbst mit unerschütterlicher Festigkeit ausgestattet worden, so daß er mit Zuversicht den verkündigte, den er vorher aus Furcht dreimal verleugnet hatte,23 damals freilich schon dazu bestimmt, auf die Felsenhöhe gestellt zu werden; aber noch war er von der Hand des Herrn bedeckt, so daß er sie nicht sehen konnte. Denn den Rücken des Herrn sollte er erst schauen; der Herr war ja noch nicht vorübergegangen, nämlich vom Tode zum Leben, er war noch nicht durch die Auferstehung verherrlicht.

31. Wie nämlich im Exodus die Stelle folgt: „Ich werde meine Hand über dich decken, bis ich vorüber bin. Wenn ich dann meine Hand zurückziehe, wirst du meinen Rücken schauen“,24 so haben viele Israeliten, deren Vorbild Moses damals war, nach der Auferstehung des Herrn den Glauben an ihn angenommen, gleichsam seinen Rücken sehend, nachdem er seine Hand von ihren Augen weggenommen hatte. Daher erwähnt der Evangelist auch eine einschlägige Isaiasweissagung: „Verstocke das Herz dieses Volkes, verhärte seine Ohren, beschwere seine Augen!“25 Es ist schließlich auch nicht sinnlos, wenn man von ihnen folgende Psalmstelle gelten läßt: „Bei Tag und Nacht lag die Hand des Herrn schwer auf mir.“26 „Bei Tag“ bezieht sich vielleicht auf die offenkundigen Wunder, die er tat und die sie doch nicht zu seiner Anerkennung brachten, „bei Nacht“ aber auf seinen Leidenstod, wo sie die sichere Meinung hegten, er sei nun wie irgendeiner vernichtet S. 96 und ausgelöscht. Als er aber vorüberging, damit sie seinen Rücken sähen, da durchschnitt auf die Predigt des Apostels Petrus hin, daß Christus sterben und auferstehen mußte, Bußschmerz ihr Herz,27 so daß sie sich taufen ließen und an ihnen geschah, was am Anfang dieses Psalmes steht: „Selig, deren Missetaten nachgelassen und deren Sünden zugedeckt sind.“28 Auf das Wort: „Schwer lag deine Hand auf mir“ folgt daher, während der Herr gleichsam vorübergeht und seine Hand wegnimmt, so daß sie seinen Rücken sehen, ein Wort des Schmerzes und des Bekenntnisses, ein Wort des gläubigen Ja zur Auferstehung des Herrn und das daraus fließende Geschenk der Sündenvergebung. „Gewandelt wurde ich“, sagt der Psalmist, „in meiner Mühsal, als der Dorn in mich eindrang. Ich erkannte meine Schuld, und meine Ungerechtigkeit verbarg ich nicht. Ich sprach: Gestehen will ich gegen mich meine Missetat dem Herrn, und du ließest die Gottlosigkeit meines Herzens nach.“29 Wir dürfen uns nämlich nicht in eine solche Wolke fleischlichen Vorstellens einhüllen, daß wir das Antlitz des Herrn für unsichtbar, seinen Rücken aber für sichtbar halten. In der Knechtsform erschien ja beides sichtbar. Von der Gottesgestalt sei es ferne, daß wir an eine solche Unterscheidung denken. Ferne bleibe uns die Vorstellung, das Wort und die Weisheit Gottes habe ein Antlitz und einen Rücken wie der menschliche Körper, oder es könne eine Umwandlung der Gestalt oder eine Veränderung durch Bewegung, sei es hinsichtlich des Ortes, sei es hinsichtlich der Zeit, erfahren.

32. Wenn indes in den im Buche Exodus berichteten Stimmen und sonstigen sinnfälligen Erscheinungen der Herr Jesus Christus als gegenwärtig erwiesen wurde oder das eine Mal Christus, wie diese Untersuchung dieses Schrifttextes nahelegt, das andere Mal der Heilige Geist, wie unsere obigen Darlegungen andeuten, so folgt S. 97 daraus doch nicht, daß Gott Vater niemals in einer solchen sichtbaren Gestalt den Vätern erschienen sei. Denn viele derartige Erscheinungen geschahen in jenen Zeiten, ohne daß dabei der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist genannt oder bezeichnet wurde. Vielmehr handelt es sich um mancherlei recht wahrscheinliche Andeutungen und Anzeichen. Es wäre daher allzu voreilig, wenn man behaupten wollte, Gott Vater sei den Vätern und Propheten niemals durch das Medium sichtbarer Gestalten erschienen. Diese Meinung hat jene Leute zu ihren Vätern, die das Schriftwort: „Dem König der Ewigkeit aber, dem unsterblichen, unsichtbaren und alleinigen Gott“,30 und das andere: „Den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann“31, nicht von der Einheit der Dreieinigkeit zu verstehen vermochten. Der gesunde Glaube belehrt uns, daß dieses Schriftwort von der höchsten, im höchsten Sinne göttlichen und unwandelbaren Substanz zu verstehen ist, durch die Vater, Sohn und Heiliger Geist der eine und alleinige Gott sind. Jene Erscheinungen aber erfolgten durch wandelbare, dem unwandelbaren Gott unterworfene Geschöpfe; sie offenbarten Gott nicht, wie er an sich ist, sondern im Symbol, wie es Zeit und Umstände erforderten.


  1. Phil. 2, 6. ↩

  2. 2 Kor. 5, 6. ↩

  3. Weish. 9, 15. ↩

  4. 1 Kor. 13, 12. ↩

  5. Ps. 38, 6 [hebr. Ps. 39, 6]. ↩

  6. Ps. 142, 2 [hebr. Ps. 143, 2]. ↩

  7. 1 Joh. 3, 2. ↩

  8. Gal. 6, 14. ↩

  9. Kol. 2, 20. ↩

  10. Matth. 22, 40. ↩

  11. Exod. 33, 13. ↩

  12. Exod. 33, 13. ↩

  13. 2 Kor. 5, 7. ↩

  14. Matth. 16, 18. ↩

  15. Röm. 10, 9. ↩

  16. Röm. 4, 25. ↩

  17. Röm. 8, 23. ↩

  18. Joh. 13, 1. ↩

  19. Exod. 33, 21. ↩

  20. Weish. 8, 1. ↩

  21. Is. 66, 1 f. ↩

  22. Exod. 33, 21 f. ↩

  23. Matth. 26, 70―74. ↩

  24. Exod. 33, 22 f. ↩

  25. Is. 6, 10. Matth. 13, 15. ↩

  26. Ps. 31, 4 [hebr. Ps. 32, 4]. ↩

  27. Apg. 2, 37. 41. ↩

  28. Ps. 31, 1 [hebr. Ps. 32, 1]. ↩

  29. Ps. 31, 4 f. [hebr. Ps. 32, 4 f.]. ↩

  30. 1 Tim. 1, 17. ↩

  31. 1 Tim. 6, 16. ↩

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