29. Kurze Inhaltsangabe des ersten Commonitoriums und Beginn der Abhandlung über das allgemeine Konzil zu Ephesus.
[Das zweite Commonitorium1 ist verloren gegangen; es ist von ihm nichts übrig geblieben als der letzte Teil, d. h. eine bloße Zusammenfassung, die hier folgt].
[41] Da dem so ist, so ist es nunmehr Zeit, das in diesen beiden Commonitorien Gesagte am Schlüsse dieses zweiten zusammenzufassen. Wir haben im vorherigen gesagt, daß es stets bei den Katholiken Brauch gewesen ist und auch jetzt noch ist, den wahren Glauben auf folgende zwei Arten zu erweisen: zunächst durch die Autorität der göttlichen Schrift, dann durch die Überlieferung der katholischen Kirche. Nicht als ob die Heilige Schrift nicht für sich allein zu allem genügend sei, sondern weil viele dadurch, daß sie die göttlichen Aussprüche nach eigenem Belieben erklären, mannigfache Neuerungen und Irrtümer aushecken und es deshalb notwendig ist, daß das Verständnis der himmlischen Schrift sich nach der einen Norm des kirchlichen Sinnes richte, besonders in denjenigen Punkten, auf denen die Grundlagen der gesamten katholischen Kirchenlehre ruhen.
Ebenso haben wir gesagt, daß in der Kirche selbst hinwiederum die Übereinstimmung der Allgemeinheit S. 221und in gleicher Weise des Altertums beachtet werden müsse, damit wir nicht entweder vom Zusammenhange der Einheit zu einem Bruchstücke des Schismas abgerissen oder von der Religion des Altertums hinweg in die Neuerungen der Häresie gestürzt werden. Weiterhin sagten wir, in der alten Kirche habe man mit besonderem Eifer auf zwei Dinge zu achten, nach denen die sich genau richten müßten, die keine Häretiker sein wollten: erstens, ob etwas in früherer Zeit von allen Priestern der katholischen Kirche mit der Autorität eines allgemeinen Konzils beschlossen worden sei; zweitens, wenn eine neue Streitfrage auftauche über eine Sache, in der ein solcher Beschluß nicht vorliege, müsse man auf die Aussprüche der heiligen Väter zurückgehen, deren nämlich, die sich jeder zu seiner Zeit und an seiner Stelle, in der Einheit der Gemeinschaft und des Glaubens verharrend, als zuverlässige Lehrer bewiesen hätten, und man müsse das, wovon sich finde, daß sie es einstimmig und einmütig festgehalten haben, ohne alles Bedenken für wahre und katholische Lehre der Kirche halten.
[42] Damit es nun nicht den Anschein habe, als ob wir dies mehr nach eigener vorgefaßter Meinung als auf Grund der kirchlichen Autorität vorbrächten, haben wir das Beispiel des heiligen Konzils vorgeführt, das vor etwa drei Jahren in der Provinz Asien zu Ephesus abgehalten wurde unter dem Konsulate des Bassus und Antiochus2 . Als dort über die Feststellung der Glaubensregeln verhandelt wurde, schien, damit sich daselbst nicht eine ruchlose Neuerung nach Art des Glaubensbruches von Rimini3 einschleiche, allen Priestern, die etwa zweihundert an der Zahl dort zusammengekommen waren, dies am meisten katholisch, zuverlässig und geraten zu sein, daß die Aussprüche heiliger Väter zur Kenntnis gebracht würden, nämlich solcher, von S. 222denen es feststehe, daß sie entweder Märtyrer oder Bekenner und zugleich katholische Priester4 gewesen und geblieben seien; nach ihrer Übereinstimmung und nach ihrem Gutachten sollte förmlich und feierlich die Religion der alten Glaubenslehre bestätigt und die Gotteslästerung der ruchlosen Neuerung verdammt werden. Das geschah auch, und dann wurde mit Fug und Recht jener gottlose Nestorius für einen Feind des Altertums, der selige Cyrill5 aber als übereinstimmend mit der hochheiligen Vorzeit erklärt. Und damit zur Beglaubigung dessen nichts fehle, haben wir auch die Namen und die Zahl jener Väter angeführt — die Reihenfolge zwar haben wir vergessen —, nach deren einhelliger und übereinstimmender Lehre die Aussprüche des heiligen Gesetzes erklärt und die Norm der göttlichen Lehre daselbst festgestellt wurde. Diese zur Auffrischung des Gedächtnisses auch hier aufzuzählen, ist keineswegs überflüssig.
Das zweite Commonitorium handelte nur vom Konzil in Ephesus. ↩
d. h. im Jahre 431. ↩
Zu Rimini [Ariminum] in Mittelitalien ließen sich, im Jahre 359 etwa 400 okzidentalisohe Bischöfe auf Drängen des kaiserlichen Präfekten nach langem Widerstände bewegen, eine semiarianische Glaubensformel zu unterschreiben. ↩
d. h. Bischöfe. ↩
Patriarch von Alexandrien ↩
