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Werke Hieronymus (347-420) Dialogi contra Pelagianos libri III Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
I. Buch

12.

C. Wozu soll ich noch länger warten? Das Ansehen der Schrift wird dich zur Nachgiebigkeit zwingen. Gebieten dir nicht, um von anderem abzusehen, jene beiden Zeugnisse Stillschweigen, in welchen Job sowie Zacharias und Elisabeth verherrlicht werden? Wenn ich mich nicht täusche, lesen wir bei Job: „Es war ein Mann im Lande Ausitis mit Namen Job, und jener Mann war wahrheitsliebend und ohne Fehl, ein wahrer Verehrer Gottes, der sich fernhielt von jedem bösen Werke“1. An einer anderen Stelle heißt es: „Wer ist S. 351 es, der ohne Sünde den Gerechten beschuldigen und in seinen Worten sich töricht über ihn äußern darf?“2 Und im Lukasevangelium heißt es: „In den Tagen des Herodes, des Königs von Juda, war ein Priester mit Namen Zacharias, aus dem Stamme Abia. Seine Gattin war aus den Töchtern Aarons und hieß Elisabeth. Beide waren gerecht vor Gott und wandelten ohne Tadel in allen Geboten und Satzungen des Herrn“3. Wenn der eine ein wahrer Verehrer Gottes war, makellos und ohne Fehl, dann sind auch diejenigen, die in allen Satzungen des Herrn wandelten, wie ich glaube, in Gottes Augen gerecht, weil sie ohne Sünde waren und nichts von dem vermissen ließen, was zur Gerechtigkeit gehört.

A. Du hast Zeugnisse beigebracht, welche nicht etwa in einer anderen Schrift, sondern schon von den Büchern, in denen sie stehen, abgetan werden. Denn wir finden, daß Job, nachdem das schwere Unglück ihn heimgesucht hatte, gegen Gottes Urteil, ihn zur Rechtfertigung herausfordernd, gesprochen hat: „Wenn doch ein Mann mit Gott so rechten könnte, wie ein Menschenkind rechtet mit seinem Nächsten!“4 Anderwärts ruft er aus: „Wer gibt mir jemand, der mich vernehme, daß mein Begehren höre der Allmächtige, und er das Buch schreibe, der da richtet?“5 Und wiederum klagt er: „Denn wenn ich gerecht sein werde, wird mein Mund gottlos reden, und wenn ich ohne Fehler bin, so werde ich doch als schuldig befunden werden. Und wenn ich im Schnee gereinigt und meine Hände gewaschen wären, so würdest du mich dennoch in Unflat tauchen, und mein Gewand würde mich verfluchen“6. Von Zacharias sagt die Schrift, daß er, als ihm der Engel die Geburt eines Sohnes verhieß, gesprochen habe: „Wie soll ich das glauben? Denn ich bin ein Greis, und meine Gattin ist S. 352 vorgeschritten in ihren Tagen“7. Dieserhalb wird er sogleich zum Stillschweigen verurteilt: „Du wirst stumm sein und nicht sprechen können bis zu dem Tage, an welchem das geschehen wird, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen werden zu ihrer Zeit“8. Hieraus erhellt, daß die Genannten zwar als gerecht und makellos bezeichnet werden, aber sie können fallen, wenn Nachlässigkeit sich einschleicht. Der Mensch ist immer in der Schwebe, so daß er bald vom Tugendgipfel zu den Fehlern hinabgleitet, bald von den Fehlern sich zur Höhe erhebt. Er kann niemals sicher sein, sondern muß ständig, selbst in ruhigen Zeiten, den Schiffbruch fürchten. Deshalb kann der Mensch nicht ohne Sünde sein, sagt ja auch Salomon: „Es gibt keinen Gerechten auf Erden, der Gutes tut und nicht sündigt“9. Derselbe läßt sich vernehmen im Buche der Könige: „Denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt“10. Und der selige David spricht: „Wer kennt seine Fehler? Von meinen verborgenen Sünden reinige mich, und von den fremden halte fern Deinen Knecht“11. „Geh nicht ins Gericht mit Deinem Knechte; denn kein Lebender wird vor Dir gerecht befunden!“12 Noch andere Zeugnisse dieser Art enthält die Hl. Schrift in Hülle und Fülle13.


  1. Job 1, 1 nach LXX. Ausitia gleich Hus. ↩

  2. Ein Jobzitat, welches nach persönlicher Mitteilung von Pfarrer J. Denk in seinem neuen Sabatier als Agraphon am Schlusse des Buches Job verzeichnet wird. ↩

  3. Luk. 1, 5 f. ↩

  4. Job 16, 22. ↩

  5. Job 31, 35. ↩

  6. Job 9, 20. 30 f. nach LXX. ↩

  7. Luk. 1, 18. ↩

  8. Luk. 1, 20. ↩

  9. Eccle. 7, 21 [= Ecclesiastes/Prediger]. ↩

  10. 3 Kön. 8, 46 [= 1 Kön.]. ↩

  11. Ps. 18, 13 f. [Hebr. Ps. 19, 13 f.]. ↩

  12. Ps. 142, 2 [Hebr. Ps. 143, 2]. ↩

  13. Grützmacher (III, 268) findet es bezeichnend, daß Hieronymus hier nicht einmal die Mutter des Herrn, Maria, von der allgemeinen Sündhaftigkeit ausnimmt. Dieses argumentum e silentio wird hinfällig, wenn man bedenkt, daß Mariae Erwähnung an dieser Stelle seine Zirkel zu sehr gestört hätte. Im 16. Kapitel wird übrigens Maria hoch über Elisabeth und Zacharias gestellt, ja schon zu Lebzeiten als „beata“ gepriesen. Freilich auch sie ist unvollkommen, weil ihre Seligkeit ein Geschenk der göttlichen Gnade, aber nicht eigene Errungenschaft ist. Wo Hieronymus Anna, Elisabeth und andere heilige Frauen als Gerechte erwähnt, da stellt er Maria hoch über sie (z. B. in einer Osterpredigt Anecd. Mareds. III, 2, 413 f.; vgl. auch comm. in Soph. prol.), doch offenbar wegen ihrer Sündlosigkeit. Einwandfrei kommt diese zur Geltung in den auf Maria bezugnehmenden Worten: „Nubes enim illa non fuit in tenebris, sed semper in luce“ (Anecd. Mareds. III, 2, 65). ↩

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