[Vorwort]
Mag der Befund der Handschriften obige Anschrift, für die sich Hilberg entschied, rechtfertigen, so ist die bisher gebräuchliche „An Gaudentius“ 1 sachlich begründeter. Zwar ist der Brief für die kleine Pacatula bestimmt, wenn sie herangewachsen ist. Aber sie wird kaum angeredet, vielmehr spricht Hieronymus mit dem Vater über das Kind. Dieser ist uns weiter nicht bekannt. Wie Toxotius und Laeta hatte auch er das Töchterlein Gott gelobt.
Dieser zweite pädagogische Brief reicht nicht an das Schreiben an Laeta heran. Er ist halb so lang, wird durch einen weitschweifigen Exkurs über die Ehelosigkeit unterbrochen und schließt ganz pessimistisch mit einer Elegie auf Roms Unglück, während die Menschen allen Heimsuchungen zum Trotz in der Sünde verharren. Hieronymus war nicht mit Liebe bei der Sache. Er wollte dem mit ihm befreundeten Vater auf seine Anfrage keine Absage geben, aber Roms Schicksal ging ihm wenigstens im Augenblicke über das der kleinen Pacatula. Auffallend ist, daß seine Ansichten sich gemildert S. 404 haben. Im Gegensatze zu den im Briefe an Laeta entwickelten strengen Grundsätzen kommt er den Schwächen des weiblichen Geschlechtes für die Zeit der Jugendjahre mehr entgegen.
Pacatula ist im Jahre 410 während Roms Zerstörung geboren. Zwischen diesem Ereignis und dem Briefe muß eine gewisse Frist liegen, so daß man ihn um das Jahr 412 anzusetzen hätte.
Trotz des „Gaudentius frater“ (c. 5) denkt Schubach, Die Briefe des heiligen Hieronymus, Coblenz 1855, 18. 22, an eine Frau Gaudentium als Adressatin. ↩
